Regierungschef beeinflusst TV-Aufsicht Berlusconi "zufällig" abgehört
16.03.2010, 07:26 UhrItalienische Polizisten ermitteln in einem Straffall und hören dabei "zufällig" ein Telefongespräch von Ministerpräsident Berlusconi ab. Dieser hatte gerade bei der TV-Aufsicht angerufen und die Absetzung regierungskritischer Talk-Shows verlangt. Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Berlusconi.
Die italienische Staatsanwaltschaft hat gegen Ministerpräsident Silvio Berlusconi Ermittlungen wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs eingeleitet. Berlusconi werde vorgeworfen, die nationale TV-Aufsicht zur Absetzung regierungskritischer Talk-Shows aufgefordert zu haben, berichten italienische Medien. Demnach liegen Aufzeichnungen eines abgehörten Telefonats des Regierungschefs mit einem Mitglied der Aufsichtsbehörde Agcom vor, in dem Berlusconi die Streichung mehrerer Programme des öffentlich-rechtlichen Senders RAI verlangt habe.
Die Ermittlungen wurden demnach von der Staatsanwaltschaft im süditalienischen Trani eingeleitet, wo das Telefonat abgehört wurde. Der konservative Regierungschef hat Medien und Staatsanwaltschaften wiederholt für eine angeblich voreingenommene und feindliche Haltung gegenüber seiner Politik kritisiert.
Berlusconi reagiert ungehalten
Der Ministerpräsident reagierte mit scharfer Kritik auf die seit Tagen anhaltenden Spekulationen in den italienischen Medien. Er sei schockiert davon, dass er abgehört werde, sagte er und wies alle Vorwürfe zurück. Die Staatsanwaltschaft verstoße mit ihrem Vorgehen gegen das Gesetz. "Das ist ein grotesker Vorstoß", sagte Berlusconi. "Der Ministerpräsident hat das Recht zu telefonieren, mit wem er will - ohne dabei abgehört zu werden", sagte er dem staatlichen Rundfunk.
Das Justizministerium entsandte Beamte nach Trani, um zu überprüfen, ob und wie die dortige Staatsanwaltschaft abgehörte Telefonate nutzt. Medienberichten zufolge wurde das Gespräch Berlusconis im Rahmen von Ermittlungen in einem ganz anderen Fall eher zufällig abgefangen. Das Abhören von Gesprächen des Regierungschefs sei dabei nicht vorrangig gewesen.
Quelle: ntv.de, rts