"Es herrscht Chaos" Bürger stürmen Mazedoniens Parlament
27.04.2017, 21:20 Uhr
Mehere Abgeordnete werden bei der Stürmung verletzt - auch der designierte Regierungschef Zoran Zaev.
(Foto: AP)
Monatelang ist Mazedonien blockiert. Die alte Regierung will durch Tricksereien die Bildung einer neuen verhindern. Schließlich erzwingt die neue Mehrheit doch noch die Wahl des Parlamentspräsidenten - und löst damit gewalttätige Tumulte aus.
Aufgebrachte Anhänger des langjährigen Regierungschefs Nikola Gruevski sind in der mazedonischen Hauptstadt Skopje in das Parlamentsgebäude eingedrungen. "Es herrscht Chaos", beschrieben Augenzeugen die Lage. Abgeordnete der bisherigen Opposition und der neuen Parlamentsmehrheit seien angegriffen und verletzt worden. Die teils vermummten Angreifer gingen den Berichten zufolge mit Stühlen auf sie los. Auch Journalisten seien verprügelt worden.
Die Polizei sei nur mit wenigen Beamten vor Ort und habe den Ansturm nicht verhindert. Acht Abgeordnete wurden verletzt - darunter auch der designierte Regierungschef Zoran Zaev sowie der Vorsitzende einer Albanerpartei, Zijadin Sela. EU-Nachbarschaftskommissar Johannes Hahn und die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini verurteilten die Gewalt. "Die Polizei muss die Sicherheit des Parlaments und seiner Mitglieder sicherstellen", heißt es in der über Twitter verbreiteten Stellungnahme.
Das Auswärtige Amt in Berlin beschrieb die Lage als "unübersichtlich". Es riet Reisenden, die Innenstadt von Skopje und öffentliche Plätze der mazedonischen Hauptstadt vorerst zu meiden.
Das Gruevski-Lager reagierte mit der Stürmung auf die Wahl eines Präsidenten der Volksvertretung durch die neue Regierungsmehrheit. Die bisher oppositionellen Sozialdemokraten (SDSM) und Abgeordnete der albanischen Minderheit hatten den Albaner Talat Xhaferi zum neuen Parlamentspräsidenten gewählt. Die langjährige Regierungspartei Gruevskis (VMRO) sprach von einem "Putsch".
Seit der letzten Wahl am 11. Dezember hatte das Gruevski-Lager die Regierungsbildung durch die neue Mehrheit verhindert. In den vergangenen vier Wochen hatten ihre Abgeordneten durch Dauerreden und Verfahrenstricks das Parlament lahmgelegt. Dadurch konnte weder ein Parlamentspräsident noch die neue Regierung gewählt werden. Der Staatspräsident wie auch der Parlamentspräsident hatten als enge Gefolgsleute Gruevskis dazu beigetragen.
Quelle: ntv.de, jug/dpa/AFP