Linnemann im "ntv Frühstart" "Wir haben den Höhepunkt des Wohlstandes hinter uns"
17.05.2022, 11:27 Uhr
Bundeskanzler Olaf Scholz ist der Meinung, dass Deutschland aus seinen Schulden einfach "rauswachsen" könne. Dem widerspricht CDU-Vizechef Carsten Linnemann bei ntv und übt Kritik.
In den Verhandlungen um das Sondervermögen für die Bundeswehr bleibt die Union hart. Im "Frühstart" bei ntv schloss CDU-Vizechef Carsten Linnemann nicht aus, dass die Union an ihrem Plan festhalten könnte, im Bundestag nur die Stimmen zu liefern, die der Ampel zu einer Zweidrittelmehrheit fehlen. "Wir wollen einfach mal deutlich machen, dass der Kanzler auch mal eine eigene Mehrheit organisieren muss in bestimmten Bereichen", sagte Linnemann.
Der CDU-Politiker betonte aber, dass die Union nur dann zustimmen könne, wenn das Geld auch wirklich komplett der Bundeswehr zugutekomme: "Wir sehen doch, dass es Flugzeuge gibt, die nicht fliegen und am Boden stehen. Das Geld muss in die Bundeswehr und nicht in die Bündnisfähigkeit." Allerdings betrachte sich die Union als "konstruktive" Opposition und wolle eine Einigung erreichen.
"Scholz unterschätzt die Situation"
Linnemann übte auch Kritik an Kanzler Olaf Scholz, der am Montagabend in einem "RTL Direkt Spezial" gesagt hatte, Deutschland könne an seinen Schulden einfach herauswachsen. "Da muss ich vehement widersprechen", sagte Carsten Linnemann nun im "Frühstart".
"Es gibt einen signifikanten Unterschied zur Finanzkrise: Nach der Finanzkrise hat die Notenbank Geld gedruckt", sagte der stellvertretende CDU-Vorsitzende. So sei damals die Wirtschaft befeuert worden und ein "Rauswachsen" möglich gewesen: "Genau diesen Punkt gibt es jetzt nicht mehr. Im Gegenteil: Die EZB muss dringend die Zinsen erhöhen. Wir sehen das in Amerika, die sind viel schneller als wir", sagte Linnemann.
Gerade schauten die Investoren in die USA und "der Euro schmiert ab, wird immer schwächer". Linnemann fügte in Richtung Scholz hinzu: "Wir müssen uns darauf einstellen - man muss es knallhart sagen - dass wir den Höhepunkt des Wohlstandes bereits hinter uns haben, zumindest für eine absehbare Zeit. Er unterschätzt die Situation."
"Er hätte längst in die Ukraine fahren müssen"
Linnemann warf Scholz auch vor, dass er noch immer nicht die Ukraine besucht hat: "Meines Erachtens hätte er schon längst hinfahren müssen, um dieses Signal zu senden, dass wir hinter denen stehen. Die kämpfen ja nicht um irgendwas, die kämpfen um unsere Werte." Scholz hatte bei "RTL Direkt" gesagt, dass er nicht nur für einen "Fototermin" in die Ukraine reisen wolle.
Linnemann sagte mit Blick auf weitere Hilfen für die Ukraine, Scholz zögere zu lange: "Wir galten in Europa als Zauderer und auch heute denken viele, wir zögern, weil es dauert und dauert." Linnemann betonte, dass Putin "Angst vor unseren Werten, vor Freiheit und Demokratie" habe und forderte deswegen von Scholz: "Die müssen wir doch verteidigen, da geht es auch um Signale und da muss der Bundeskanzler meines Erachtens dieses Signal senden."
"Ein CDU-Chef ist immer ein Kandidat"
Nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen geht Linnemann von einer schwarz-grünen Koalition aus: "Die Chancen sind gut", sagte Linnemann und fügte hinzu: "Es gibt zwei Wahlgewinner: Das ist die CDU und das sind die Grünen und die sollten jetzt miteinander reden und so sollte es sein."
Auf die Frage, ob CDU-Parteichef Friedrich Merz jetzt schon als Kanzlerkandidat für die nächste Bundestagswahl gesetzt sei, antwortete Linnemann: "Ein Oppositionsführer, ein CDU-Chef ist immer ein Kandidat."
Quelle: ntv.de, psa