Trump-Verfahren und Abtreibung Der US-Supreme-Court beeinflusst den Wahlkampf
14.12.2023, 05:16 Uhr Artikel anhören
Das Oberste Gericht der USA in Washington beeinflusst den Präsidentschaftswahlkampf.
(Foto: AP)
Verfahren gegen Donald Trump und Abtreibung - beides heikle Themen im US-Präsidentschaftswahlkampf 2024. Der Supreme Court kündigt nun an, sich damit zu beschäftigen. Damit könnte das oberste Gericht dem Ex-Präsidenten helfen.
Das oberste Gericht der USA hat angekündigt, sich mit einem Fall zum Sturm auf das US-Kapitol zu befassen. Dieser könnte auch erhebliche Auswirkungen auf eine Anklage gegen Ex-Präsident Donald Trump haben.
Konkret geht es um die Überprüfung eines Berufungsurteils zu einer Anklage gegen mehrere Randalierer, die an der Attacke auf das Kapitol am 6. Januar 2021 beteiligt waren. Ihnen wird Behinderung eines offiziellen Verfahrens vorgeworfen. Der Supreme Court möchte sich nun der Frage widmen, ob die Angeklagten überhaupt mit einem Bundesgesetz der Justizbehinderung angeklagt werden können, wenn sie laut ihren Verteidigern davon überzeugt waren, gegen eine illegitime Wahl zu protestieren.
Trump spricht von "gestohlener Wahl"
Trump hatte seine Wahlniederlage am 20. November 2020 gegen Joe Biden geleugnet und immer wieder vor seinen Anhängern betont, dass der Wahlprozess manipuliert worden sei und Biden eigentlich gegen ihn verloren hätte. Da er jedoch keinerlei Beweise vorzulegen hatte, sollte der Kongress am 6. Januar 2021 den Amtswechsel zwischen Trump und Biden ratifizieren. Daraufhin hatte sich ein großer Mob von Trump-Unterstützern in Washington versammelt und versucht, die Ratifizierung durch einen gewaltsamen Sturm auf das Capitol, wo der Kongress tagt, zu unterbinden. Trump hatte seine Anhänger unmittelbar zuvor bei einer Rede aufgewiegelt. Infolge der Krawalle kamen damals fünf Menschen ums Leben.
Der Sturm wurde als Angriff auf die Demokratie betrachtet und hatte international für Erschütterung gesorgt. Zahlreiche Beteiligte wurden seitdem in mehreren Prozessen mit dem Argument der Justizbehinderung verurteilt. Sollte der Supreme Court jetzt gegen den Schuldspruch der Justizbehinderung entscheiden, würden nicht nur die Prozesse bereits verurteilter Randalierer wieder neu verhandelt werden müssen.
Trump, schwere Anklagen und die Präsidentschaftswahl 2024
Denn Justizbehinderung ist auch einer der Anklagepunkte gegen Trump im Verfahren wegen Wahlbetrugs in Washington. Da der Supreme Court sich der Frage annimmt und zuerst entscheiden muss, pausiert das Gericht in Washington den Prozess gegen ihn. Die Entscheidung des obersten Gerichts wird jedoch erst für Sommer 2024 erwartet.
Diese Verzögerung könnte Trump im Wahlkampf enorm in die Hände spielen. Der Prozess gegen ihn wegen Justizbehinderung infolge der Wahl und als Verantwortlichen für den Sturm auf das Kapitol sollte eigentlich bereits im März 2024 verhandelt werden. Die Anhörung und eine nicht unwahrscheinliche Verurteilung aufgrund der vorhergehenden Schuldsprüche der anderen Beteiligten, hätte demnach vor zwei entscheidenden Terminen in der Präsidentschaftswahl 2024 stattgefunden.
Super Tuesday und Nominierung der Republikaner
Der erste Termin wäre der sogenannte Super Tuesday gewesen. Dieser findet 2024 am 5. März statt, wobei 17 Staaten Delegierte für den Präsidentschaftswahlprozess wählen. Der zweite Termin ist die Tagung der republikanischen Partei im Juli 2024, bei welcher die Republikaner ihren offiziellen Präsidentschaftskandidaten bestimmen.
In Umfragen ist Trump momentan der beliebteste Kandidat unter den Republikanern. Wäre er vor den Terminen schuldig gesprochen worden, hätte sich das erwartungsgemäß allerdings nicht nur deutlich bei den umkämpften Delegiertenwahlen widergespiegelt, sondern auch die Entscheidung der Republikaner, einen Straftäter zu ihrem offiziellen Präsidentschaftskandidaten zu küren, erschwert.
Supreme Court befindet über Abtreibungspille
Das oberste Gericht der USA teilte außerdem mit, sich mit einem wichtigen Fall zum Abtreibungsrecht in den USA zu befassen. Dabei geht es um Zugangsbeschränkungen für die Abtreibungspille Mifepriston, die ein Berufungsgericht Mitte August verhängt hatte.
Diese traten bislang nicht in Kraft, weil der Rechtsstreit anhält. Das Berufungsgericht entschied, dass bestimmte Zugangserleichterungen, die durch die US-Arzneimittelbehörde FDA im Jahr 2016 erlassen worden waren, widerrufen werden sollen. Dazu zählen die Versendung der Pille per Post und die Einnahme ohne eine medizinische Fachkraft.
Dagegen hat der Vertreiber des Medikaments und die Regierung von US-Präsident Joe Biden Berufung eingelegt. Mifepriston wurde im Jahr 2000 in den USA zugelassen und wird üblicherweise mit dem Medikament Misoprostol für den Schwangerschaftsabbruch eingesetzt. Seitdem das landesweite Recht auf Abtreibung gekippt wurde und damit die Parlamente in den US-Bundesstaaten per Gesetz regeln können, ob Schwangerschaftsabbrüche erlaubt sind, hat Mifepriston an Bedeutung gewonnen.
Was hat Abtreibungsrecht mit der Wahl zu tun?
Abtreibungsgegner haben im US-Bundesstaat Texas daher gegen die Zulassung von Mifepriston geklagt. Damit wollen sie den Zugang zu medikamentöser Abtreibung erschweren. Vor allem die religiöse Rechte und weite Teile der republikanischen Partei versuchen in den USA seit Jahrzehnten, das Recht auf Abtreibung zu beschneiden.
Dennoch sind die republikanischen Präsidentschaftskandidaten vorsichtig, weil sich in den vergangenen Wahlen und Volksabstimmungen in verschiedenen Bundesstaaten gezeigt hat, dass Abtreibung in ihrer Wählerschaft umstritten ist. Hatten sich die Kandidaten anfangs deutlich gegen ein Abtreibungsrecht geäußert, versuchen sie zuletzt der Frage zu ihrer genauen Positionierung auszuweichen - vor allem, um potenziell moderatere Wähler nicht zu vergraulen.
Die Entscheidungen des obersten Gerichts der USA werden bei vielen republikanischen Wählern wiederum als besonders bedeutsam erachtet und wenig infrage gestellt. Mit der Ankündigung, sich mit dem Fall bezüglich des Vertriebs und Versandes einer Abtreibungspille zu beschäftigen, nimmt das Gericht den republikanischen Kandidaten eine polarisierende Entscheidung ab. Im Falle einer verfassungsgebenden Entscheidung des Gerichts, könnte Trump lediglich darauf verweisen.
Quelle: ntv.de, gri/dpa