Politik

Argentinien Der peronistische Marsch

Die Hoffnung ruht auf diesem linksperonistischen Duo: Der neu gewählte Präsident Alberto Fernández sowie Vize und Ex-Präsidentin Cristina Kirchner.

Die Hoffnung ruht auf diesem linksperonistischen Duo: Der neu gewählte Präsident Alberto Fernández sowie Vize und Ex-Präsidentin Cristina Kirchner.

(Foto: REUTERS)

Vieles ist wie immer in Argentinien: Rezession, rasende Inflation, die Staatskasse ist leer und Schuld sind die anderen. Die zweitgrößte Volkswirtschaft des Kontinents ist zwar äußerst krisenerprobt, aber was der wirtschaftsliberale Präsident Mauricio Macri bis zu seiner Präsidentschaftsende im Dezember veranstaltet hat, ist trotzdem außergewöhnlich. Große Teile des Megakredits von 57 Milliarden Dollar, den er vom Internationalen Währungsfonds (IWF) erhielt, verbrannte er am Kapitalmarkt zur Stützung des Peso-Kurses, während Millionen Argentinier in die Armut rutschten. Nun, zum Ende des Jahres, leben mehr als 40 Prozent unter der Armutsgrenze. Laut Macri sind all das Spätfolgen der linksperonistischen Vorgängerregierung von Ex-Präsidentin Cristina Kirchner, die seit vier Jahren nicht mehr verantwortlich ist.

Die Präsidentschaftswahl verlor Macri gegen den sozialdemokratischen Alberto Fernández und Kirchner als Vize, die nun gemeinsam das Land führen. Bei ihrem Amtsantritt füllten die Abgeordneten den Kongress in Buenos Aires mit Gesängen wie in einem Fußballstadion und stimmten den peronistischen Marsch an, während draußen Hunderttausende Menschen auf das Duo warteten. Fernández versprach unter anderem ein Ernährungsnotprogramm, rief den Notstand in der öffentlichen Gesundheitsversorgung aus und versprach, keine Schulden zu tilgen, bevor nicht die Wirtschaft wieder wächst. Zudem sicherte er der Frauenrechtsbewegung seine volle Unterstützung zu. Unter Macri hatte etwa der Senat trotz immensen Drucks von der Straße das Abtreibungsverbot aufrecht erhalten.

Die Peso-Scheine - dieser mit Eva Peróns Profil - haben im vergangenen Jahr mehr als die Hälfte ihres Wertes gegenüber dem US-Dollar. Es ist die dritthöchste Inflation der Welt nach Venezuela und Simbabwe.

Die Peso-Scheine - dieser mit Eva Peróns Profil - haben im vergangenen Jahr mehr als die Hälfte ihres Wertes gegenüber dem US-Dollar. Es ist die dritthöchste Inflation der Welt nach Venezuela und Simbabwe.

(Foto: Reuters)

Die Ankündigungen des neuen Präsidenten wurden mit Erleichterung aufgenommen. Nachbarschaftlich organisierte Volksküchen etwa wissen nicht, wie sie all die hungrigen Menschen versorgen sollen, die sich noch vor ein paar Monaten als Mittelschicht wähnten, aber trotz Jobs ihre Familien nicht mehr ernähren können. Unruhen sind bislang ausgeblieben, was womöglich damit zu tun hat, dass Macri zum Ende seiner Präsidentschaft den subventionierten Warenkorb vergrößerte, der in vielen Supermarktketten verfügbar ist (und sogar argentinischen Rotwein enthält).

Zudem herrscht das Prinzip Hoffnung. Schon einmal führte ein Linker das Land aus einer Staatspleite, Ex-Präsident Néstor Kirchner von 2003 bis 2007. Ein Schlüssel dafür ist der Wirtschaftsmotor der Provinz Buenos Aires, wo der größte Teil des BIP entsteht. Der dortige neue Gouverneur ist auch ein Linksperonist: Axel Kiciloff, ehemaliger Wirtschaftsminister unter Cristina Kirchner.

Fernández und Kirchner müssen sich nun mit der mächtigen und für die Devisen so wichtigen Landwirtschaft versöhnen, die weitere Ausfuhrzölle befürchtet; dazu die kleinen und mittleren Betriebe stützen und verhindern, dass internationale Unternehmen, darunter auch deutsche Autokonzerne, sich wegen des eingebrochenen Konsums zu viele Gedanken über ihr Engagement im Land machen. Zugleich geht es darum, dass die Sparvorgaben des IWF diese Bemühungen nicht schon im Keim ersticken; Fernandez hat deshalb Neuverhandlungen mit dem Währungsfonds angekündigt. Wichtigster Handelspartner Argentiniens ist Brasilien. Wegen der politischen Differenzen ist es um die Beziehungen der beiden Länder nicht gut bestellt; ob es die wirtschaftlichen beeinflussen wird, ist die große Frage.

(Stand: 15. Dezember 2019)

Für mehr Informationen zu einzelnen Ländern klicken sie auf die Karte und den entsprechenden Link in der Infobox. Dort finden Sie für die aufgeführten Länder ein ausführliches Porträt des Jahres 2019.

Quelle: ntv.de

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