Politik

Mit 75 Jahren unter Reformdruck Die CSU kämpft um Junge und Frauen

Markus Söder will die Partei modernisieren.

Markus Söder will die Partei modernisieren.

(Foto: picture alliance/dpa)

Nicht einmal ein Ständchen gibt's: Wegen der Corona-Krise fällt die Feier zum 75. Geburtstag der CSU aus. Das ist bitter. Immerhin hat sich die Bayern-Partei trotz einiger Krisen in ihrer Geschichte gut gehalten - wohl auch, weil sie sich stets ein bisschen größer macht als sie ist. Was ihr fehlt, ist der Nachwuchs.

Auf ihren Eintritt in die CSU ist Erentrud Stark bis heute stolz. Das war 1945, sie war ein Teenager. "Und wir hatten die schlimme Nazi-Zeit gerade hinter uns", erinnert sich die 92-jährige aus Fürstenzell bei Passau. Die Idee zur Mitgliedschaft habe ihr Bruder gehabt, nach dem Krieg an der Ostfront. "Hier konnte man endlich ohne Angst vor den Nazis sagen, was man denkt." Erst habe sie gefürchtet, eine Mitgliedschaft sei teuer. "Aber das stimmte nicht, ich glaub, es waren nicht mal fünf Mark, und die habe ich mir beim Nachhilfeunterricht dazuverdient."

Erentrud Stark ist seit 1945 in der CSU.

Erentrud Stark ist seit 1945 in der CSU.

(Foto: picture alliance/dpa)

75 Jahre ist es nun her, dass die CSU gegründet wurde und Erentrud Stark in die Partei eintrat. Beide haben seither viel erlebt, und wenn man mit der alten Dame über die Geschichte der CSU spricht, gerät sie immer wieder ins Schwärmen. Dabei fallen vor allem zwei Namen: Franz Josef Strauß und Alois Hundhammer. Wie viele in der CSU verehrt Stark den einstigen Parteichef Strauß bis heute. Und Hundhammer, den auch in Bayern weniger bekannten Ex-Minister und Landtagspräsidenten, habe ihr Vater gut gekannt.

Strauß und Hundhammer gehörten zu den Gründern der CSU. Für Stark verdienen sie aber nicht nur deshalb Respekt: "Am Aschermittwoch 1974 habe ich von beiden in Passau eine persönliche Widmung mit Autogramm bekommen. Das ist ein Heiligtum, das bewahre ich gut auf." Lachend fügt sie hinzu: "Meine Kinder haben mich immer dafür verspottet, dass ich dafür so lange vor der Nibelungenhalle auf Strauß gewartet habe." Dass die CSU ihren 75. Geburtstag wegen der Corona-Krise nicht groß feiern kann, ist für Erentrud Stark schrecklich: "Eine Feier wäre mehr als angebracht, aber es geht einfach nicht."

Auch die CSU wird immer älter

Dabei wurde das Jubiläumsdatum 12. September nachträglich festgelegt. "Vor 75 Jahren wurde in München die CSU gegründet. Später folgten weitere Gründungen in ganz Bayern, ehe sich erst am 8. Januar 1946 ein Landesverband formierte", sagt der Vorsitzende der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung, Markus Ferber. Beim Treffen in München wurde auch der Name "Bayerische Christlich-Soziale Union" beschlossen. In der Folge wuchs die CSU stetig, Anfang der 1970er Jahre hatte sie erstmals mehr als 100.000 Mitglieder. 1990, im Jahr der Wiedervereinigung, waren es 186.000, bis heute der Rekord, aktuell sind es nach Angaben der Partei rund 140.000.

Franz Josef Strauß und Helmut Kohl 1975. In einem Interview sagte Kohl einmal: "Ich war ein Weichei für Strauß".

Franz Josef Strauß und Helmut Kohl 1975. In einem Interview sagte Kohl einmal: "Ich war ein Weichei für Strauß".

(Foto: picture-alliance / dpa/dpaweb)

Wie auch andere Parteien kämpft die CSU seit Jahren nicht nur mit der Überalterung, das Durchschnittsalter der Mitglieder beträgt derzeit 59 Jahre. Mit 21 Prozent sind Frauen auch deutlich unterrepräsentiert. Zum Vergleich: 1990 waren nur 15 Prozent der Mitglieder weiblich. Dass die CSU von einer Regionalpartei zu einer Partei heranwachsen würde, die nicht nur über Jahrzehnte die Regierung in Bayern stellt, sondern auch auf Bundes- und Europaebene Einfluss hat, konnte sich 1945 kaum jemand vorstellen. In ihrem ersten Programm, der Zehn-Punkte-Erklärung, wurden mit dem Wiederaufbau des Deutschen Reichs, sozialer Gerechtigkeit, "der rücksichtslosen" Bekämpfung von Korruption sowie der internationalen Friedensgestaltung aber schon Ziele weit über die Grenzen des Freistaats hinaus formuliert.

Söder: "Haben uns neu positioniert"

Seit 1945 hat die CSU, davon kann auch Erentrud Stark viele Geschichten erzählen, aber nicht nur Erfolge gefeiert, sondern auch viele Krisen durchstehen müssen. Für Stark gehört dazu auch, dass die CSU bei Wahlen nicht mehr an die Ergebnisse früherer Jahre mit Werten von 60 Prozent und mehr herankommt. Die Machtkämpfe mit der CDU - etwa 1976 mit dem Kreuther Trennungsbeschluss zur Auflösung der Unionsfraktion im Bundestag oder 2015 mit dem Streit um die Zuwanderung - habe sie genau verfolgt. "Es war gut, dass die CSU für ihre Ansichten gekämpft hat", sagt sie.

"Er ist nicht so wie Strauß", sagt Erentrud Stark über Markus Söder.

"Er ist nicht so wie Strauß", sagt Erentrud Stark über Markus Söder.

(Foto: picture alliance/dpa)

Auf der heutigen Parteichef Markus Söder setzt Stark große Hoffnungen - er sollte aus ihrer Sicht in die Fußstapfen von Kanzlerin Angela Merkel treten. "Er ist zwar nicht so wie Strauß, der konnte wie kein anderer auf den Tisch hauen, aber er kann gut reden und ist sehr sympathisch. Ich hoffe, dass er die Nachfolge von der Merkel kriegt. Aber das wird noch ein Riesenkampf."

Söder selbst sieht die Partei in einem Dauerreformprozess: "Die CSU muss immer modern bleiben, um das Lebensgefühl der Menschen zu repräsentieren. Volksparteien sind auch ein Spiegel ihrer Zeit, sie dürfen gesellschaftlichen Entwicklungen nicht hinterherlaufen, sondern sie müssen sich aus und mit der Bevölkerung entwickeln. "Wir haben uns in den letzten zwei Jahren neu positioniert", betont Söder. Er verweist dabei auch auf den Parteitag vor einem Jahr und seinen nur bedingt gelungenen Versuch, Frauen bessere Chancen in Führungsgremien zu geben. "Auch in der ökologischen Frage haben wir uns fundamental weiterentwickelt. Wir sind auf dem richtigen Weg."

Quelle: ntv.de, Marco Hadem, dpa

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