Flucht aus Kiew "Die Ukrainer sind zu allem entschlossen"
25.02.2022, 15:56 Uhr
Kiew war bis vor kurzem eine Stadt, die westlichen Hauptstädten in vielem ähnelte. Nun wird dort geschossen.
(Foto: REUTERS)
Die dunkelsten Stunden sind für die Ukraine angebrochen. Familien, Freunde, Unternehmen - sie alle pflegten die ukrainisch-russische Freundschaft. Mit einem Schlag ist das Leben, das sie bisher kannten, vorbei. So auch für B.F. (Name der Redaktion bekannt), der - wie immer unter der Woche - in einem internationalen Unternehmen in Kiew arbeitete, als Russland einen Krieg gegen seinen Nachbarn begann. Wie B.F. die gefährliche Flucht aus Kiew gelang, erzählt er ntv.de nach seiner Ankunft in einem Nachbarstaat.
ntv.de: Die Welt ist am Donnerstagmorgen aufgewacht und erfuhr, dass es einen Krieg in Europa gibt. Wie war es für dich?
B.F.: Ich bin aufgewacht, weil ich Explosionen in der Nähe von Borispyl - also in der Nähe des Kiewer Flughafens - hörte. Zu dem Zeitpunkt waren auch noch viele Flugzeuge in der Luft zu hören. Meine Kollegen und ich entschieden dann gegen zwei Uhr nachts, dass wir Kiew verlassen müssen. Zuerst dachten wir, dass es sicherer wäre, zu bleiben, dass es irgendwie machbar sein wird, zu bleiben, aber dann entschieden wir uns doch dagegen. Wir brauchten ein paar Stunden, um alles zu organisieren, und dann ging es los.
Ihr wart sicher nicht die einzigen, die weg wollten …
Nein, die Straßen waren ein einziger Stau. Überall Straßensperren, selbst in den kleineren Straßen. Armeekonvois waren auch schon unterwegs.
Also die Armee war von Anfang an zu sehen?
Ja, Soldaten mit Maschinengewehren und Panzerwagen.
Wie konntet ihr letztendlich fliehen?
Mein Unternehmen hat Autos mit Fahrern organisiert. Näheres kann ich dazu nicht sagen. Das ist nur für Expats möglich, das ist mir klar.
Wie lange warst du unterwegs?
18 Stunden. Es hat allein drei Stunden gedauert, aus Kiew rauszukommen. Ich bin jetzt in Moldau.
Wie fühlst du dich?
Ich fühle mich sicher. Und sehr müde, wir haben alle seitdem kein Auge zugetan. Wenn alles gut läuft, bin ich am Wochenende zu Hause.
Was erfährst du von denen, die noch dort sind?
Meine Kollegen, die bleiben wollten, sagen, dass sie überall Explosionen und Bombeneinschläge hören und dass sie sich in Verstecken oder in den Metro-Stationen aufhalten.
Wie schätzt du die Ukrainer ein?
Die Ukrainer sind zu allem entschlossen. Vor allem aber bewahren sie trotz der Situation einen möglichst kühlen Kopf, sie wirken nicht panisch.
Mit B.F. sprach Sabine Oelmann
Quelle: ntv.de