Politik

Nahostkrieg bei Markus Lanz "Dieses flächendeckende Bombardement muss aufhören"

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Tankred Stöbe spricht für seine Kollegen bei Ärzte ohne Grenzen.

Tankred Stöbe spricht für seine Kollegen bei Ärzte ohne Grenzen.

(Foto: ZDF)

In der Talkrunde von Markus Lanz beschäftigen sich die Gäste mit den Krisen des Jahres. Ein Vertreter von Ärzte ohne Grenzen berichtet dabei über die Situation im Gazastreifen. Was die Hilfskräfte in dem Gebiet erleben, sei kaum zu ertragen, sagt er.

Seit dem 7. Oktober tobt ein Krieg im Nahen Osten. An diesem Tag fielen Terroristen der Hamas in Israel ein, verwüsteten israelische Dörfer, töteten Menschen, nahmen Geiseln. Die israelische Armee rächt sich blutig. Ihr Ziel: Die Hamas muss vernichtet werden. Sie bombardiert den Gazastreifen, verwandelt ihn in ein Trümmerfeld. Sie tötet Führer der Terrororganisation Hamas. Doch bei den Angriffen sterben auch viele Zivilisten.

Tankred Stöbe ist Arzt. Seit vielen Jahren arbeitet er für die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen in Krisengebieten. Am Dienstagabend ist der Mediziner, der auch schon zweimal im Gazastreifen im Einsatz war, zu Gast in der ZDF-Talkshow Markus Lanz.

Operationen unter der Taschenlampe

300 Mitarbeiter von Ärzte ohne Grenzen arbeiten zurzeit im Gazastreifen, sagt Stöbe. "Es ist eine absolute Fassungslosigkeit und Ohnmacht da bei unseren Leuten", berichtet er. Was die Hilfskräfte in dem Gebiet erleben, scheint kaum zu ertragen. So seien am vergangenen Mittwoch in einem Krankenhaus im südlichen Gazastreifen hundert Tote eingeliefert worden. Da habe die Zahl der Leichen die Zahl der Verletzten überstiegen.

"Die Kliniken sind fast dysfunktional", sagt Stöbe. Es fehle an allem: an Medikamenten, medizinischen Geräten, Pflegern, Strom.

Die Ärzte arbeiten unter unvorstellbaren Bedingungen. Es sei üblich, dass im Gazastreifen der Strom ausfalle, auch im Frieden. Daran sei man gewöhnt: Bei Stromausfällen würden sofort die mit Diesel betriebenen Notstromaggregate anspringen. Doch inzwischen gibt es keinen Diesel mehr. Der Strom fällt aus, und damit auch Beatmungsgeräte - oder Operationslampen. "Dann wird versucht, sich zu behelfen, indem man die Taschenlampen der Mobiltelefone nimmt, um Licht zu machen."

Medikamente kommen nur noch selten in den Gazastreifen. Stöbe: "Man versucht, die Medikamente zu verdünnen, man versucht im Zweifelsfall dann auch, ohne Narkose und ohne Schmerzmittel zu behandeln." Auch bei Amputationen.

"Sie haben es übertrieben"

Der Gazastreifen sei abhängig von äußerer Hilfe, sagt Stöbe. "Das Land ist zu klein, um sich selber am Leben zu erhalten." Zu Friedenszeiten kamen täglich 500 Lastwagen in den Gazastreifen, jetzt sind es vielleicht ein Dutzend - wenn überhaupt.

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Auch der Außenpolitiker Roderich Kiesewetter von der CDU ist zu Gast bei Markus Lanz und nimmt Israel gegen Kritik in Schutz. Er erklärt, die Hamas habe den Krieg angefangen, Israel verteidige sich nur, und das sei sein Recht. Immerhin gehe es um die Existenz des Landes. Dass Israel mit seinem harten Vorgehen gegen die Zivilbevölkerung auf dem Gazastreifen internationales Recht bricht, bestreitet er. Dennoch muss auch er eingestehen: "Sie haben es übertrieben."

Seit Wochen fordern laut Stöbe Ärzte ohne Grenzen, das Internationale Rote Kreuz und andere Hilfsorganisationen einen Stopp des Bombardements im Gazastreifen - sie werden nicht gehört. Stöbe klingt verzweifelt, wenn er sagt: "Es kann nicht sein, dass Menschen, die mit der Politik und mit diesem Konflikt nichts am Hut haben, dort ihre Leben verlieren." Darum sein Appell: "Dieses flächendeckende Bombardement muss aufhören." In den letzten zwei Monaten seien 17.000 Menschen im Gazastreifen getötet worden, die meisten Zivilisten. Stöbe: "Das ist nicht tolerabel. Und da gibt es für mich auch keine politische Ausrede, dass das weitergehen kann." Er wolle Israel das Existenzrecht nicht absprechen. "Aber als mitfühlender Arzt, der diese Menschen kennt in Gaza, kann ich nur sagen: Das darf so nicht weitergehen!"

Quelle: ntv.de

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