Schande oder Mahnmal? Dorf bestellt Gutachter zur Hitler-Glocke
28.08.2017, 20:24 Uhr
das Relik aus dem Faschismus: Bronzeglocke mit Hakenkreuz im Glockenturm der Kirche St. Jakob in Herxheim am Berg.
(Foto: dpa)
Seit Monaten erhitzt die sogenannte Hitler-Glocke im pfälzischen Herxheim am Berg die Gemüter. Der Klangkörper trägt ein Hakenkreuz und die Aufschrift "Alles fuer's Vaterland- Adolf Hitler". Was soll man mit dem Relikt aus der Nazi-Zeit tun?
Der Gemeinderat von Herxheim am Berg (Kreis Bad Dürkheim) will sich von einer Sachverständigen zur Zukunft der sogenannten "Hitler-Glocke" beraten lassen. Das entschied das Gremium einstimmig.
Die Glocke ist im Besitz der Ortsgemeinde, hängt seit 1934 im Turm der evangelischen Kirche und trägt ein Hakenkreuz sowie die Aufschrift "Alles fuer's Vaterland - Adolf Hitler". Eine pensionierte Lehrerin hatte in einem Zeitungsbericht kritisiert, dass an der Kirche nichts auf die Geschichte der Glocke hinweist.
Wenn das Gutachten der Sachverständigen vorliegt, will der Gemeinderat beschließen, ob zum Beispiel eine Gedenktafel an der Kirche angebracht wird. "Über Text und Gestaltung werden wir in Zusammenarbeit mit dem Presbyterium entscheiden", sagte Bürgermeister Ronald Becker (Freie Wähler). Er kündigte an, dass die Tafel die Gemeinde nichts kosten werde - es habe sich bereits ein Spender gemeldet, der die Kosten übernehmen wolle.
Die Glockensachverständige soll im Einvernehmen mit der Landesdenkmalbehörde einen Vorschlag erarbeiten. Auf dieser Grundlage will der Rat danach beschließen, was mit der Glocke geschehen soll.
Mahnendes Andenken
Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Glocke auch nach einer Empfehlung der Sachverständigen im Turm bleibt - und weiter läutet. Die Glockensachverständige Birgit Müller hat sich bereits dafür ausgesprochen, die unter Denkmalschutz stehende Glocke als Mahnmal einzustufen - und sie nicht abzustellen. Und auch die rheinland-pfälzische Landeskonservatorin Roswitha Kaiser ist dafür, die Glocke im Turm der Kirche zu lassen und sie weiter zu benutzen - als mahnendes Andenken an etwas, "was man lieber vergessen möchte".
Die 240 Kilo schwere Bronzeglocke war 1934 in die Kirche gekommen, die zuvor bei einem Brand beschädigt worden war. Die sogenannte Polizeiglocke gehört der Ortsgemeinde und sollte bei Feuer- und später bei Fliegeralarm warnen. Mit ihr kamen zwei größere Glocken in den Turm der Kirche. Sie waren im Eigentum der Kirchengemeinde und wurden 1942, als alles verfügbare Material für den Zweiten Weltkrieg gebraucht wurde, eingeschmolzen.
Die kleinste, die am wenigsten Bronze hatte, blieb als "Notglocke" hängen. 1951 wurden zwei neue Kirchenglocken installiert und das Geläut wurde aufeinander abgestimmt. Bis heute klingen die kirchlichen Klangkörper zusammen mit der "Hitler-Glocke" im Turm der 1000 Jahre alten Kirche, die nach Angaben des ehrenamtlichen Ortshistorikers Eric Hass zu den ältesten Gotteshäusern in Rheinland-Pfalz gehört.
Quelle: ntv.de, dsi/dpa