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Nach massiven Protesten EU-Kommission will laxere Umweltregeln für Bauern erlauben

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Traktoren  im Europaviertel in Brüssel

Traktoren im Europaviertel in Brüssel

(Foto: picture alliance/dpa/AP)

Nach heftigen Bauernprotesten kommt die EU-Kommission den Landwirten entgegen und lockert Umweltauflagen. Dabei geht es unter anderem um die Regeln für Brachflächen, wie die Brüsseler Behörde mitteilt.

Angesichts der massiven Bauernproteste in vielen europäischen Ländern hat die EU-Kommission die Umweltauflagen für die Landwirtschaft deutlich abgeschwächt - teils rückwirkend bereits für dieses Jahr. So soll die Pflicht zur Flächenstilllegung ganz entfallen; bei kleinen Höfen unter zehn Hektar soll nicht mehr kontrolliert werden, ob sie die Umweltauflagen tatsächlich einhalten. Vorschriften zum Fruchtwechsel sollen ebenfalls weniger strikt angewendet werden.

"Die Brachlandpflicht entfällt ab diesem Jahr", verkündete Polens Regierungschef Donald Tusk bei X. Das habe ihm EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen versichert. Die Kommission veröffentlichte kurz darauf eine Zusammenfassung ihres Telefongesprächs. Darin heißt es, dass die EU die Landwirte "mehr unterstützen" müsse. Die konkreten Vorschläge werde die Kommission noch veröffentlichen.

Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU sieht bislang vor, dass Landwirte vier Prozent ihrer Nutzflächen brach lassen müssen. Dadurch sollten Flächen für den Artenschutz geschaffen werden. Infolge des Angriffskrieges auf die Ukraine hatte die Kommission diese Regelung mit dem Argument, die Lebensmittelversorgung abzusichern, allerdings bereits ausgesetzt. Sie soll nun lediglich in ein "Anreizsystem" umgewandelt werden: "Landwirte werden damit ermutigt, Flächen stillzulegen, aber ohne Einkommensverluste", erklärte die Kommission.

Kleine Höfe werden entlastet

Höfe unter zehn Hektar werden durch die neuen Regelungen massiv entlastet, denn sie sollen nicht nur von Kontrollen, sondern auch von Strafen ausgenommen werden. Dies werde "tatsächliche und sofortige" Folgen für diese Betriebe haben, betonte die Kommission. Grundsätzlich mussten sich Landwirte an die Umweltregelungen halten, um von den milliardenschweren EU-Agrarsubventionen zu profitieren. Mit etwa 65 Prozent machen die kleinen Höfe den Großteil der Empfänger von EU-Landwirtschaftssubventionen aus. Der Flächenanteil, den diese Höfe bewirtschafteten, jedoch nur 9,6 Prozent.

Ebenfalls soll der seit Anfang dieses Jahres vorgeschriebene Fruchtfolgenwechsel auf 35 Prozent der Ackerfläche durch eine "Abwechslung" der Feldfrüchte ersetzt werden. EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski erklärte, dass die Mitgliedsländer die Regeln künftig "nach den regionalen Gegebenheiten" auslegen können. Fruchtfolgen - also der Wechsel verschiedener Nutzpflanzen auf dem Acker - sollen im Gegensatz zu Monokulturen Böden schonen oder weniger Pestizide nötig machen.

Auch die Regelung der sogenannten Mindestbodenbedeckung soll gelockert werden, wie die Kommission weiter mitteilte. Diese besagt bisher, dass mindestens 80 Prozent des Ackerlandes in einem festgelegten Zeitraum bedeckt sein muss. Die meisten Änderungen würden 2025 in Kraft treten, einige aber auch rückwirkend zum 1. Januar 2024. "Das heißt für die Bauern, dass sie nicht sanktioniert werden, wenn sie die Vorschriften noch nicht beachtet haben."

Sorge um Klima- und Artenschutz

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Umweltschützer kritisierten die Pläne. "Statt sich für eine ökologische und soziale Agrarwende einzusetzen, beugt sich die EU-Kommission der Agrarindustrie", erklärte Sascha Müller-Kraenner von der Deutschen Umwelthilfe. "Mit mehr pauschalen Direktzahlungen und ohne Geld für Brachen, Rückzugsräume und artenreiche Wiesen und Weiden steuert sie den Klima- und Artenschutz in der Landwirtschaft mit Vollgas vor die Wand."

"Der Weg, den die EU-Kommission einschlagen will, führt (...) an der Zielmarke vorbei", meinte auch die agrarpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Renate Künast. Die Vorschläge seien "komplett widersprüchlich" und ein Abbau von Umweltstandards inakzeptabel.

Quelle: ntv.de, gri/AFP/dpa

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