Hilferuf aus Mariupol Ehefrauen flehen um Evakuierung von Soldaten
30.04.2022, 16:01 Uhr
Julia Fedosiuk und Kateryna Prokopenko (r.), Ehefrauen von Asow-Kämpfern, zeigen Fotos ihrer Männer.
(Foto: dpa)
Im stark beschossenen Stahlwerk in Mariupol sollen sich Tausende ukrainische Kämpfer und Zivilisten befinden. Zwei Ehefrauen von Asow-Soldaten dringen auf eine schnelle Rettungsaktion - auch für die Kämpfer. Denn gelangten sie in russische Gefangenschaft, "werden sie gefoltert und getötet".
Zwei ukrainische Frauen, deren Ehemänner das belagerte Stahlwerk Asowstal in Mariupol verteidigen, bitten eindringlich um internationale Hilfe. Sie dringen darauf, dass bei einer Evakuierung der Zivilbevölkerung auch die Soldaten einbezogen werden. Sie befürchten, dass die Soldaten gefoltert und getötet werden, sollten sie zurückbleiben und in die Gefangenschaft von russischen Streitkräften gelangen. "Auch das Leben von Soldaten ist wichtig. Wir können nicht nur über Zivilisten sprechen", sagte Julia Fedusiuk, die Ehefrau des Asow-Kämpfers Arsenij Fedusiuk, der Nachrichtenagentur Associated Press (AP).
"Wir hoffen, dass wir auch Soldaten retten können, nicht nur Tote, nicht nur Verletzte, sondern sie alle", sagte die 29-Jährige weiter. Auch Kateryna Prokopenko, deren Ehemann Denys Prokopenko Kommandeur des Asow-Regiments ist, forderte eine schnelle Rettungsaktion. "Wir müssen das sofort tun, weil Menschen - jede Stunde, jede Sekunde - sterben." Laut den beiden Ukrainerinnen, die Videos und Fotos von Männern mit amputierten Gliedmaßen, Schusswunden und anderen Verletzungen zeigten, sind 600 der Soldaten verwundet, einige sollen an Wundbrand leiden. Die Menschen würden sich von Brei, altem Käse und Brot ernähren.
Das Asow-Regiment, benannt nach der Herkunftsregion am Asowschen Meer, wurde 2014 von nationalistischen Politikern geründet. Es entstand als eine von mehreren Freiwilligenmilizen, die damals an der Seite der ukrainischen Streitkräfte gegen die prorussischen Separatisten im Osten des Landes kämpften. Im Oktober 2014 wurde die Gruppe schließlich in den ukrainischen Heimatschutz eingegliedert und blieb unter dem Befehl des Innenministeriums vor allem in und um Mariupol militärisch aktiv.
Im Ukraine-Krieg ist Mariupol heftig umkämpft, vor allem das Asow-Stahlwerk ist Ziel russischer Angriffe. In den Bunkeranlagen der Industriezone sollen sich russischen Angaben zufolge rund 2500 ukrainische Kämpfer und ausländische Söldner verschanzt haben. Laut der Ukraine warten dort vor allem 1000 Zivilisten, darunter auch Kinder, auf ihre Rettung. Kiew und Moskau hatten sich unter Vermittlung von UN-Generalsekretär António Guterres bereiterklärt, einen humanitären Korridor für die Flucht der Zivilisten einzurichten. Die Ergebnisse lassen jedoch auf sich warten.
Die beiden ukrainischen Frauen baten Europa, die USA und internationale Organisationen um Hilfe, um eine diplomatische Lösung zu finden. Die Asow-Truppen würden sich den Russen niemals ergeben, sagte Fedusiuk der AP. "Wir kennen keinen einzigen Asow-Soldaten, der 2014 lebend von russischen Soldaten zurückkam, also werden sie gefoltert und getötet", sagte sie. "Das wissen wir definitiv, also ist das keine Option für sie."
Quelle: ntv.de, chf