Politik

Proteste in Portland vor Wahl "Erwarte einen Bürgerkrieg"

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(Foto: REUTERS)

Seit Monaten kommt es in Portland an der US-Westküste immer wieder zu heftigen Protesten und Ausschreitungen. Die von Präsident Trump entsendete Bundespolizei setzt regelmäßig Tränengas auch gegen friedliche Demonstranten ein. Nun rüstet sich die Stadt für die Wahl. Die Sorgen sind greifbar.

Portland ist das neue San Francisco, sagen die Einen. Eine liberale Stadt im Bundesstaat Oregon, mit Lofts in ehemaligen Fabrikbauten, hippen Straßencafés und Food Trucks mit Essen aus aller Welt. "Little Beirut" nennen es die Anderen. Wegen der vielen Proteste, Ausschreitungen und Plünderungen der vergangenen Monate. In kaum einer Stadt tritt der innere Konflikt der USA so zu Tage wie hier. Portland ist eine der weißesten Städte des Landes: mehr als 73 Prozent der Einwohner sind weiß, lediglich rund 6 Prozent sind schwarz.

Die Stadt im Bundesstaat Oregon mit ihren mehr als 650.000 Einwohnern ist in den vergangenen Monaten zu einem der wichtigsten Zentren der "Black Lives Matter"-Bewegung geworden. Noch immer gibt es fast jede Nacht Proteste. "Wir kämpfen einfach nur für die Einhaltung der Menschenrechte, während unsere Regierung versucht, sie zu unterdrücken", sagt Tasha Pintor. Die junge Frau hat seit dem Sommer viele Nächte protestierend auf der Straße verbracht. "Wir befinden uns jetzt an einem entscheidenden Punkt in der amerikanischen Geschichte: entweder es wird besser oder es geht richtig bergab."

Portlands Bürgermeister verklagt Trump

US-Präsident Donald Trump hat in den vergangenen Wochen und Monaten in Portland getestet, wie weit er mit seiner "Law and Order"-Politik gehen kann: Er hat Bundespolizisten geschickt, die Demonstranten ohne Angabe von Gründen in schwarze Vans gezogen und über mehrere Stunden verhört haben. Mit Tränengas hüllten sie Wohngebiete in dichte Wolken. "Die Bundespolizei ist hier ohne die Erlaubnis des Bürgermeisters hergekommen", sagt sein Sprecher, Jim Middaugh. Man verklage deshalb nun gerade die Trump-Regierung.

Das rabiate und teilweise brutale Vorgehen der Bundespolizei hat in Portland auch Menschen mobilisiert, die bisher mit politischen Protesten wenig bis gar nichts zu tun hatten. Menschen wie Cicely Thrasher. "Hätten Sie mir vor fünf Jahren gesagt, dass ich einmal mit Gasmaske, Helm und Schutzbrille für Freiheit und Demokratie auf die Straße gehen werde, ich hätte Sie für verrückt erklärt." Die dreifache Mutter führte bis vor kurzem ein eher unpolitisches Leben. Seit den Unruhen nach dem gewaltsamen Tod von George Floyd ist das anders.

Die 43-Jährige kommt aus einer gemischten Familie, ihre Mutter ist weiß, der Vater schwarz. Sie ist mit einem asiatisch-amerikanisch-stämmigen Mann verheiratet. Keine einfache Kombination: Ihren drei Söhnen bringt Thrasher bei, bei Gefahr nur dann die Polizei zu rufen, wenn sie einen weißen Freund bei sich haben. Zu groß ist aus ihrer Sicht die Gefahr, am Ende von der Polizei erschossen zu werden.

"Safe Places" für Schwarze nach der Wahl

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Für die Zeit nach der Wahl erwarten Thrasher und ihre Mitstreiter der "Black Lives Matter"-Bewegung heftige Unruhen - egal, welcher Kandidat gewinnt. Sie haben deshalb einen "Safe Place" für Schwarze außerhalb von Portland errichtet, für alle, die nach der Wahl nicht in der Stadt bleiben wollen. "Wir raten unseren schwarzen Mitbürgern auch, ihre Einkäufe und notwendigen Besorgungen am Besten noch vor Dienstag zu erledigen. Wir wissen ja nicht, was danach kommt", sagt Thrashers Mitstreiterin Rachelle Dixon.

Inzwischen hat sich auch die Innenstadt von Portland verbarrikadiert. Geschäftsinhaber haben die Schaufenster ihrer Läden mit dicken Sperrholzplatten gesichert. Vor den Eingängen kontrollieren private Sicherheitsdienste. "Ich erwarte nach der Wahl eine Art Bürgerkrieg", sagt Steve. Der Trump-Anhänger möchte seinen vollen Namen nicht nennen. Er betreibt einen Platz mit Food Trucks und fühlt sich in der ansonsten liberalen Stadt wie "hinter feindlichen Linien". Er ist sich sicher: "Wenn Trump gewinnt, wird es unmittelbar zu heftigen Protesten in Portland und anderen Städten kommen." Zur Sicherheit hat er rund um die Food Trucks einen hohen Zaun mit Stacheldraht errichtet.

Quelle: ntv.de

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