Timoschenko im Hungerstreik Gauck sagt Ukraine-Besuch ab
25.04.2012, 21:10 UhrBundespräsident Gauck verbiegt sich offenbar auch im neuen Amt nicht. Weil Julia Timoschenko misshandelt wird und inzwischen die Nahrungsaufnahme verweigert, bleibt Gauck einem Treffen zentraleuropäischer Präsidenten demonstrativ fern.
Aus Protest gegen die Behandlung hat Bundespräsident Joachim Gauck einen geplanten Besuch in der Ukraine abgesagt. Gauck habe in Absprache mit Bundeskanzlerin Angela Merkel die Teilnahme an einem Präsidententreffen in Jalta abgesagt, berichtet die "Süddeutsche Zeitung". Hintergrund sei die Sorge der Regierung um das Wohl Timoschenkos, die in der Haft erkrankt und in Hungerstreik getreten ist.
Die ukrainische Botschaft in Berlin sei darüber informiert worden, dass Gauck einer Einladung zum Treffen zentraleuropäischer Präsidenten Mitte Mai in Jalta auf der Krim nicht folgen werde, bestätigte das Bundespräsidialamt dem Blatt. Dabei legte ein Sprecher Gaucks Wert auf die Feststellung, dass "Auslandsreisen des Bundespräsidenten stets im engen Benehmen mit der Bundesregierung erfolgen".
Umstrittener Prozess
Timoschenko war im Oktober wegen Amtsmissbrauchs in ihrer Zeit als Ministerpräsidentin zu sieben Jahren Haft verurteilt worden. Grund war ein im Jahr 2009 mit Russland geschlossenes Gasgeschäft, das der Ukraine einen Schaden in Millionenhöhe beschert haben soll. Am Freitag trat Timoschenko aus Protest gegen ihre Haftbedingungen in einen Hungerstreik. Die 51-Jährige wirft den Behörden vor, sie unter Zwang aus dem Gefängnis in eine Klinik verlegt zu haben.
Die Bundesregierung äußerte sich "tief besorgt" über den Gesundheitszustand Timoschenkos, wollte aber zunächst einen Boykott der Fußball-Europameisterschaft im Juni nicht erwägen. In der Ukraine werden die ersten drei Spiele der deutschen Mannschaft ausgetragen. Nach "SZ"-Informationen wird überlegt, bei möglichen Reisen von Bundespräsident, Bundeskanzlerin oder Ministern zur EM den Kontakt zur ukrainischen Führung auf ein Minimum zu reduzieren.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa