Keine Direktkandidatur Gelbhaar scheitert mit Comeback-Versuch in Pankow
08.11.2025, 16:45 Uhr Artikel anhören
Nach einer Zeit des Nachdenkens strebte Gelbhaar eine Rückkehr in die Landespolitik an. Schon von 2011 bis 2017 war er Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses.
(Foto: dpa)
Eigentlich will Stefan Gelbhaar für die Grünen nach umstrittenen Belästigungsvorwürfen ins Berliner Abgeordnetenhaus zurückkehren - doch die Mitglieder des Kreisverbands Pankow entscheiden sich deutlich gegen ihn. Der 49-Jährige zieht daraufhin seine Kandidatur zurück.
Der frühere Grünen-Bundestagsabgeordnete Stefan Gelbhaar ist mit seinem Versuch eines politischen Comebacks vorerst gescheitert. Bei einer Wahlversammlung des Grünen-Kreisverbands Pankow gelang es dem 49-Jährigen nicht, als Direktkandidat für die Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus am 20. September 2026 nominiert zu werden.
Er unterlag bei einer digitalen Abstimmung für den Wahlkreis Pankow 6 seiner Mitbewerberin Suncica Klaas klar mit 83 zu 179 Stimmen, wie der Kreisverband mitteilte. Zwar handelte es sich bei dieser Abstimmung noch nicht um den eigentlichen Wahlgang, der am frühen Abend zum Abschluss der Versammlung mit Stimmzetteln geplant war. Gelbhaar trat für diesen Wahlgang nach Angaben des Kreisverbands aber nicht mehr an.
Der Politiker war Ende 2024 wegen Vorwürfen gegen ihn in die Schlagzeilen geraten, die zum Teil auf falschen Aussagen beruhten. Nach Angaben des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) hatten Frauen zum Teil anonym, zum Teil eidesstattlich versichert, von dem Politiker belästigt worden zu sein.
Gelbhaar wies das zurück, verlor aber sein Mandat im Bundestag. Kurz nach Bekanntwerden der Anschuldigungen verzichtete er auf eine Kandidatur für die Grünen-Landesliste zur Bundestagswahl. Im Januar wählten ihn die Pankower Grünen als bereits nominierten Direktkandidaten wieder ab.
Nach einer Zeit des Nachdenkens strebte Gelbhaar eine Rückkehr in die Landespolitik an. Schon von 2011 bis 2017 war er Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses. "Es ist für mich nicht der leichte Weg", sagte Gelbhaar im Vorfeld der Wahl dem "Stern". "Die Vorgänge der vergangenen Monate haben Spuren hinterlassen." Er habe sich trotzdem dazu entschlossen, sich zu bewerben.
Untersuchung attestiert Partei schwere Fehler
Den Wahlkreis 6 in Pankow hatte zuletzt der Grünen-Politiker Andreas Otto mehrfach direkt gewonnen. Otto tritt bei der Abgeordnetenhauswahl nicht noch einmal an, Gelbhaar wollte ihn beerben. Nun hat Klaas in dem Wahlkreis gute Chancen gegen Bewerber anderer Parteien.
Der RBB hatte seinerzeit zentrale Teile seiner Berichterstattung über Gelbhaar zurückgezogen, nachdem Zweifel an der Identität einer Frau aufgetaucht waren, die besonders schwerwiegende Vorwürfe gegen den Politiker erhoben hatte. Der Sender ging davon aus, von ihr getäuscht worden zu sein, und räumte Fehler bei der journalistischen Arbeit ein. Er bat um Entschuldigung für die Berichterstattung und den "erheblichen Schaden", der Gelbhaar entstanden sei. RBB-Chefredakteur David Biesinger und Programmdirektorin Katrin Günther traten von ihren Ämtern zurück.
Eine Untersuchung zweier renommierter grüner Rechtsexperten attestierte der Partei im Umgang mit der Affäre schwere Fehler. Der Bericht hielt aber auch fest, dass es im Berliner Landesverband "offenkundig etliche Frauen" gebe, die "sich vom möglicherweise übergriffigen, aber nicht strafrechtlichen Verhalten" Gelbhaars tangiert fühlten. Gelbhaar betont nun, sich damit auseinandergesetzt zu haben: "Ich habe viel nachgedacht darüber, wo sich andere in meiner Gegenwart unwohl gefühlt haben könnten, wo es Missverständnisse und Fehler gegeben hat", sagte er dem "Stern". "Meine Kommunikation ist nun deutlich klarer."
Quelle: ntv.de, jki/dpa