Nach massiven Protesten Georgien zieht umstrittenes "Agenten"-Gesetz zurück
10.03.2023, 08:48 Uhr (aktualisiert) Artikel anhören
In der Nacht gingen zahlreiche Demonstranten in der Hauptstadt Tiflis auf die Straße.
(Foto: picture alliance/dpa/AP)
Die Partei Georgischer Traum verfolgt einen russlandfreundlichen Kurs. Sie plant die Einführung eines Registers für "ausländische Agenten" - nach dem Vorbild Moskaus. Doch die Menschen in Georgien wehren sich. Nach massiven Protesten zieht die Regierung das umstrittene Gesetz zurück.
Nach Protesten hat Georgien im Südkaukasus einen umstrittenen Gesetzentwurf über die Einführung eines Registers für "ausländische Agenten" zurückgezogen. Das teilte die Regierungspartei Georgischer Traum in der Hauptstadt Tiflis mit.
In der Nacht war es erneut zu regierungskritischen Protesten gekommen. Die Polizei ging mit Gewalt gegen die Demonstranten vor. Die proeuropäischen Demonstranten umringten nach Augenzeugenberichten das Parlament der Südkaukasusrepublik in Tiflis. Einige versuchten, in das Gebäude einzudringen. Die geplante Regelung sah vor, künftig Medien als "ausländische Agenten" einzustufen, wenn sie zu mehr als 20 Prozent aus dem Ausland finanziert werden.
Bis zum frühen Mittwochabend versammelten sich Beobachtern zufolge zwischen 10.000 und 15.000 Menschen friedlich am Parlament. Es seien mehr als am Dienstag gewesen, berichtete ein Reporter der Deutschen Presse-Agentur. Die Demonstranten schwenkten georgische und ukrainische Fahnen sowie die blaue Sternenflagge der EU. Aus Solidarität mit der von Russland angegriffenen Ukraine sangen die Georgier auch die ukrainische Hymne. Bei den späteren Straßenschlachten drängte die Polizei die verbliebenen Demonstranten ab, diese wiederum warfen mit Steinen und Flaschen. Die kleine Ex-Sowjetrepublik Georgien am Schwarzen Meer mit 3,7 Millionen Einwohnern steht seit langem unter Druck des großen Nachbarn Russland. Moskau unterstützt auch die abgespaltenen Gebiete Südossetien und Abchasien.
Georgier wollen mehrheitlich EU- und NATO-Mitglied werden
Die derzeitige Führung der Partei Georgischer Traum verfolgt einen eher russlandfreundlichen Kurs. In ihrer Mehrheit wollen die Georgier aber, dass ihr Land Mitglied in EU und NATO wird. Sie befürchten, dass diese Chance durch autoritäre Regeln wie in Moskau zunichtegemacht wird. Staatspräsidentin Salome Surabischwili hat sich hinter die Demonstranten gestellt und angekündigt, sie werde das umstrittene Agenten-Gesetz nicht unterzeichnen.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj dankte in seiner Videoansprache den Demonstranten in Tiflis für ihre Solidarität. Die Ukrainer wünschten den befreundeten Georgiern Erfolg. "Wir wollen der Europäischen Union angehören, und das werden wir auch", sagte er. "Wir wollen, dass Georgien der Europäischen Union angehört, und ich bin sicher, dass es das tun wird." Das gleiche gelte für die Republik Moldau. "Alle freien Völker Europas haben dies verdient."
(Dieser Artikel wurde am Donnerstag, 09. März 2023 erstmals veröffentlicht.)
Quelle: ntv.de, cls/dpa