Politik

Schicksalwahl um Eurozone Griechische Linke akzeptiert Niederlage

Die Schicksalswahl in Griechenland hat Sprengkraft: Unbekannte haben Granaten auf einen TV-Sender in Athen geworfen.

Die Schicksalswahl in Griechenland hat Sprengkraft: Unbekannte haben Granaten auf einen TV-Sender in Athen geworfen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Parlamentswahl in Griechenland ist entschieden. Sieger sind die proeuropäischen, konservativen Kräfte, das Linksbündnis räumt seine Niederlage ein. Während des Urnengangs waren Granaten auf einen proeuropäischen TV-Sender geflogen - doch die Sprengsätze explodierten nicht. Konservativen-Parteichef Samaras sagt: "Ich bin erleichtert."

In Griechenland hat das radikale Linksbündnis Syriza seine Niederlage bei der Parlamentswahl eingeräumt. Dies habe Partei-Chef Alexis Tsipras dem Vorsitzenden der konservativen Neue Demokratie, Antonis Samaras, in einem Telefonat mitgeteilt, erklärte ein Syriza-Sprecher.

Der Chef der griechischen Konservativen, Antonis Samaras, kündigte an, er werde so schnell wie möglich eine Regierung bilden. "Ich bin erleichtert, ich bin erleichtert für Griechenland und Europa", so Samaras. Zur Regierungsbildung braucht seine Partei Neue Demokratie (ND) aber einen Koalitionspartner. Anbieten würde sich die sozialistische Pasok. Beide zusammen haben den Hochrechnungen zufolge eine Mehrheit.

Der ersten offiziellen Hochrechnung zufolge kommt die ND mit 29,5 Prozent der Stimmen auf 128 Sitze im Parlament. Die Pasok dürfte 33 der insgesamt 300 Sitze erhalten. Zweitstärkste Partei wird nach den Angaben des Innenministeriums das radikale Linksbündnis Syriza mit 27,1 Prozent und 72 Mandaten.In letzter Konsequenz ging es bei der Parlamentswahl um die Frage, ob Athen in der Eurozone bleibt oder zur Drachme zurückkehrt - mit unübersehbaren Folgen.

Während der Wahl wurden vor dem Sitz der privaten Medien-Gruppe Skai in der Hafenstadt Piräus zwei Granaten gefunden. Unbekannte hatten die Sprengkörper in den Hinterhof des TV-Senders Skai geworfen, sie explodierten jedoch nicht. Sprengstoffexperten rückten an, um die Granaten zu entschärfen. Zuvor hatte ein Unbekannter den Sender angerufen und gewarnt.

Proeuropäischer Sender

Der griechische Regierungssprecher Dimitris Tsiodras verurteilte die Aktion. Die Demokratie lasse sich nicht terrorisieren, erklärte er. Der Sender Skai gilt als proeuropäisch und setzt sich für tiefgreifende Reformen im griechischen Staat ein. Bereits am 5. Juni hatten Unbekannte einige Brandflaschen gegen das Gebäude des Senders geschleudert. Auch damals wurde niemand verletzt. Die Polizei geht davon aus, dass Linksautonome hinter der Tat stecken. Zu der Mediengruppe gehören ein Fernseh- und ein Radiosender sowie die Tageszeitung "Kathimerini".

Die Tat zeigt, welche Sprengkraft die Schicksalswahl in Griechenland und dem Rest der Eurozone entwickeln kann. Angesichts eines drohenden Staatsbankrotts müssen die Griechen zum zweiten Mal binnen sechs Wochen über die Zukunft ihres Landes entscheiden. Demoskopen hatten vor der Wahl ein spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen dem Bündnis der radikalen Linken (Syriza) unter Führung von Alexis Tsipras und den Konservativen unter Antonis Samaras vorausgesagt.

Tsipras zeigte sich nach der Stimmabgabe in Athen siegesgewiss und erklärte: "Wir haben die Angst besiegt. Heute gehen wir einen neuen Weg, in ein Europa das sich ändert." Samaras erklärte, mit seiner Partei werde am Montag eine "neue Ära"  beginnen. "Das Land muss morgen eine Regierung haben", sagte der Chef der Sozialisten, Evangelos Venizelos. Nur eine breite Koalition, eine Regierung der Nationalen Verantwortung, könne das Land aus der Krise führen und es im Euroland halten. Insgesamt waren rund 9,9 Millionen stimmberechtigte Grieche an die Urnen gerufen worden.

Finanzmärkte zittern

Sowohl die EU als auch die internationalen Finanzmärkte schauten mit bangem Blick auf den Ausgang der Schicksalswahl. Eine Parlamentsmehrheit für Syrza und deren Verbündete wäre eine Hiobsbotschaft für die Eurozone. Syriza will das mit den Geldgebern vereinbarte Sparpaket einseitig aufkündigen. Allerdings sind die Kredite des Euro-Krisenfonds EFSF und des Internationalen Währungsfonds IWF an Auflagen gebunden. Sollte Griechenland diese nicht erfüllen, droht die EU den Geldhahn zuzudrehen - dann droht die ungeordnete Staatspleite.

Die Euro-Retter streckten dem hoch verschuldeten Land kurz vor der Wahl noch einmal die Hand entgegen: Über die Laufzeit der Athener Sparprogramme könne noch einmal diskutiert werden - über die Inhalte aber nicht, zitiert das Magazin "Focus" aus der Umgebung des Eurogruppen-Chefs Jean-Claude Juncker. Damit wollten die Euro-Retter das proeuropäische Lager in Griechenland um die Konservativen und Sozialisten stärken. Die beiden Parteien wollen das Spar- und Reformpaket zwar umsetzen, aber mit den Geldgebern über Lockerungen und Aufschübe verhandeln.

Merkel will keine Zugeständnisse machen

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) signalisierte keine Bereitschaft zu neuen Kompromissen. Sie hoffe auf einen Sieg derjenigen Kräfte in Griechenland, die sich an die getroffenen Vereinbarungen hielten, sagte Merkel. Es könne nicht sein, dass diejenigen, die keine Abmachungen  einhielten, "jeden anderen am Nasenring durch die Manege führen". Europa könne nur funktionieren, wenn alle Mitgliedsstaaten sich an Haushaltsdisziplin hielten, sagte Merkel. Mit der bisherigen Praxis "Versprochen - gebrochen - nichts passiert" müsse Schluss sein. "So geht das in Europa unter keinen Umständen weiter".

SPD-Chef Sigmar Gabriel stimmte Merkels Äußerungen im Grundsatz  zu. "Was die Sache angeht, hat Frau Merkel recht", sagte Gabriel. Allerdings müsse Griechenland mehr Zeit zur Erfüllung der Auflagen eingeräumt werden. Ähnlich äußerte sich EU-Kommissar Günther Oettinger. "Was den Inhalt angeht, gibt es keine Flexibilität, in Hinsicht auf die Umsetzung aber schon", sagte er der "Welt".

Quelle: ntv.de, hvg/dpa/AFP/rts

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