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Letzter Auftritt als Minister Habeck hadert, Habeck hat fertig

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Habeck sieht sich durch das schwarz-rote  Regierungsprogramm weitgehend bestätigt - sagt er zumindest.

Habeck sieht sich durch das schwarz-rote Regierungsprogramm weitgehend bestätigt - sagt er zumindest.

(Foto: picture alliance/dpa)

Bei seinem letzten Presseauftritt als Minister muss Robert Habeck noch einmal schlechte Zahlen präsentieren. Erneut wächst Deutschlands Wirtschaft nicht. Was das mit seinem Image macht, scheint dem Grünen-Politiker inzwischen egal zu sein. Er ist im Gehen begriffen - und sauer auf die Union.

Und zum Abschied nochmal eine Nullnummer. Das musste ja so kommen. Nachdem unter Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck die deutsche Wirtschaft zwei Jahre in Folge geschrumpft ist, verabschiedet sich der Grünen-Politiker mit einer weiteren Hiobsbotschaft aus dem Amt. Sein Ministerium erwarte für das laufende Jahr 0,0 Prozent Wachstum, teilt Habeck auf seiner aller Voraussicht nach letzten Pressekonferenz als Bundesminister mit.

Die Zahl war so erwartet worden. Sie ist zu erheblichen Teilen den von US-Präsident Donald Trump losgetretenen Zollkonflikten geschuldet. Und doch passt diese Zahl irgendwie zum Bild vom glücklosen Habeck, den Politiker von CDU, CSU, AfD und BSW als "schlechtesten Wirtschaftsminister aller Zeiten" bezeichneten. Drei Jahre in Folge ohne Wirtschaftswachstum sind keine Bilanz zum Hausierengehen, sondern Ausdruck einer Wirtschaftskrise historischen Ausmaßes.

Habeck kann seine Bitterkeit darüber nicht verbergen, dass seine Nachfolgerin - gehandelt wird CDU-Politikerin Katherina Reiche - nun all die Mittel in die Hand bekommen wird, die ihm die Union mit ihrer Ablehnung einer Schuldenbremsenreform verwehrt hatte. "Ich sehe, dass die sich anschicken, in der Regierung die Dinge, über die wir häufig gestritten haben, jetzt in großer Geschwindigkeit selbst umzusetzen", sagt Habeck. Milliardenkredite für Investitionen, Abschreibungsmöglichkeiten für Unternehmen, Steuersenkungen. Das hätte die Union zwar alles schon sehr viel früher haben können, als sie noch Opposition war, sagt Habeck mit resigniertem Unterton. "Aber bitte."

Austeilen gegen die Union

Immerhin kann Habeck für sich in Anspruch nehmen, als angeblich "schlechteste Wirtschaftsminister aller Zeiten" mit seinen Konzepten doch nicht so ganz daneben gelegen zu haben. "Das klingt alles sehr vertraut und insofern bin ich persönlich ganz zufrieden, dass die Ideen, die wir vorbereitet haben, jetzt - wenn auch unter anderer Farbe - wahrscheinlich umgesetzt werden", sagt Habeck, ohne dabei zufrieden zu wirken. "Mir tut es ein bisschen leid für die Menschen, die durch die verspätete Umsetzung der Maßnahmen wieder Angst und Sorge hatten, vielleicht arbeitslos geworden sind, für die Unternehmen, die vielleicht insolvent geworden sind."

Habeck erinnert daran, dass sich die Grünen verantwortungsvoller gezeigt hätten, als sie aus ihrer Oppositionsrolle heraus Schwarz-Rot die Grundgesetzänderung zur weitgehenden Aussetzung der Schuldenregel ermöglicht haben. "Hätte meine Fraktion sich benommen wie die sich anschickende Regierungspartei Union, dann hätten wir im nächsten Jahr kein Wachstum", sagt Habeck. Die Frühjahrsprognose erwartet für das kommende Jahr 1,0 Prozent Wachstum, auch wegen der nun möglichen zusätzlichen staatlichen Investitionen. Die höhere Binnenmarktfrage werde ein Stück weit kompensieren, was Deutschland wegen der Zollkonflikte beim Export verliert.

"Das ist, ich muss das mit dem Wort der ehemaligen Opposition sagen, 'schuldenfinanziertes Wachstum'", erinnert Habeck an die Anwürfe aus CDU und CSU, die er als Minister und dann auch als Kanzlerkandidat seiner Partei zu hören bekam. "Das, was sie nie wollten, kriegen sie jetzt. Und es ist gut, dass jetzt endlich investiert wird und dass die Kredite dafür bereitgestellt werden." Auch die Versuche, durch staatliche Subventionen kritische Industrien wie Halbleiter anzusiedeln, seien richtig gewesen. Er bekomme Anrufe von christdemokratischen Regierungschefs, die wissen wollten, wie es da nun weitergehe. "Da habe ich dann gesagt, viel Spaß mit eurer eigenen Partei."

"... wenn Oppositionsrhetorik auf Realität trifft"

Dann mokiert sich Habeck noch über das Wort "Wirtschaftswende", die sich plötzlich auf die Lockerung der Schuldenbremse beschränke, welche die Union doch gar nicht gewollt habe. Er nehme zur Kenntnis, dass CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann kein Interesse an der Verantwortung als Bundeswirtschaftsminister mehr habe. "So ist das, wenn Oppositionsrhetorik auf Realität trifft." Er ist sich sicher, dass seine Nachfolgerin oder sein Nachfolger es keinen Deut leichter haben und sich gar nicht in so vielen Punkten von Habeck unterscheiden wird - zumindest, wenn er oder sie das Amt ernst nimmt.

Habecks Abgang wirkt mindestens zerknirscht, eher aber gekränkt bis trotzig. Schon in seiner ersten Pressekonferenz nach der verlorenen Bundestagswahl zeigte sich Habeck in ähnlicher Pose. "Das Angebot war top, die Nachfrage war nicht so", fasste er seine Kampagne als Kanzlerkandidat zusammen. Weitere Einlassungen zum Wahlergebnis oder zu seiner Bilanz als Minister waren jenseits eines kleinen Parteitags Anfang April von Habeck nicht zu hören. Keine Interviews, keine Podiumsdiskussionen. "Ich räume für mich ein, dass ich ein bisschen Zeit zum Nachdenken brauche", sagte Habeck auf dem Parteitag.

Das Nachdenken dürfte auch Habecks Verhältnis zu den Medien umfassen. Habeck war als Medienliebling in die Ampel-Regierung gestartet, dort aber auch spätestens mit dem Heizungsgesetz mit viel Kritik überzogen worden - nicht selten zu Unrecht. Die nach gut gelauntem Start im Verlauf der Konjunktur-Presskonferenz zunehmend unwirschen Antworten rufen in Erinnerung, dass Habeck immer öfter auf Distanz zu den Berichterstattenden gegangen ist.

Hinweise auf Abgang verdichten sich

Als ihn eine Journalistin fragt, welche Schulnote er sich selbst als Bundeswirtschaftsminister geben würde, schießt es aus Habeck heraus: "Das schöne Spiel ist ja, dass Sie Note geben und wir arbeiten." Den Hinweis einer anderen Kollegin, dass auch Journalisten arbeiten, hört er sich mit nichtssagendem Lächeln an, korrigiert sich aber nicht. Dabei lobt er während der Pressekonferenz noch die eigene Fehlerkultur. "Ich habe immer auch öffentlich darüber gesprochen, dass ich auch eigene Fehler bei mir sehe", beantwortet Habeck die Frage, welche Fehler ihm unterlaufen seien. Tatsächlich beschränkt sich diese Selbstkritik im Wesentlichen auf die Analyse, dass er beim Heizungsgesetz die Reformmüdigkeit und die Verlustängste der Deutschen unterschätzt habe.

Bände spricht auch, dass Habeck offenbar nicht mehr zu einer klassischen Abschiedspresskonferenz einlädt. Er vermengt seine Botschaften zu notwendigen weiteren Wirtschaftsreformen und Einsichten zum Scheitern der Ampel so zwangsläufig mit den schlechten Konjunkturzahlen. Dabei hätte er ja auch an dieser Stelle noch einmal einen flammenden Appell halten können, das Heizungsgesetz nicht völlig zu beerdigen oder den Netzausbau weiter zu beschleunigen. Er hätte etwas über Erwartungshaltung an Politik und die undankbaren Seiten des Jobs sagen können. Etwas, das bleibt. Doch er beschränkt sich auf Problembeschreibungen der deutschen Wirtschaft und die notwendige Vermeidung einseitiger Abhängigkeiten sowie die Stärkung des Wirtschaftsstandorts Europa.

Es scheint Habeck inzwischen Wurscht zu sein, wie die Medien über ihn berichten. Und damit verdichten sich abermals die Hinweise, dass der bisherige Grünen-Star im Sommer sein Bundestagsmandat abgeben und den Rückzug aus der Politik komplett machen wird. Nachfragen dazu blockt Habeck ab, er rede hier als Minister und nicht als Grünen-Politiker.

Dann ist er nach einer Stunde weg, noch bevor die Liste der Fragen ansatzweise abgearbeitet ist. Nicht, dass Habeck noch wahnsinnig viele Termine hätte an seinen letzten sechs Werktagen im Amt. Es dürften vor allem Abschiedsrunden sein, ein paar letzte Telefonate und natürlich Kisten packen. Am 7. Mai ist Amtsübergabe. Dann geht es wohl erst einmal zurück in den hohen Norden, nach Flensburg, von wo aus sich Habeck einst aufgemacht hatte, die Bundesrepublik zu erobern. Seine nicht wenigen Gegner im Land dürften sein Ausscheiden aus dem Amt erleichtert zur Kenntnis nehmen. Und Habeck scheint es da inzwischen genauso zu gehen.

Quelle: ntv.de

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