Politik

Steffi Lemke über die Edathy-Affäre "Hartmann hat gelogen"

Eine der zentralen Figuren in der Edathy-Affäre: SPD-Politiker Michael Hartmann.

Eine der zentralen Figuren in der Edathy-Affäre: SPD-Politiker Michael Hartmann.

(Foto: picture alliance / dpa)

Kein SPD-Politiker will Sebastian Edathy über die drohenden Ermittlungen informiert haben. Die Grüne Steffi Lemke glaubt das nicht. Sie unterstellt den SPD-Zeugen, sich bewusst nicht erinnern zu wollen.

n-tv.de: Am Donnerstag hat der Edathy-Ausschuss weitere Zeugen vernommen. Was ist Ihr Zwischenfazit?

Steffi Lemke: Alle Zeugen haben gestern die Version von Herrn Edathy im Grundsatz bestätigt. Demnach hat er Informationen über Ermittlungen gegen ihn frühzeitig im November erhalten, die Quelle war Michael Hartmann. Edathys Glaubwürdigkeit ist nach den Aussagen der Zeugen gestiegen, die von Hartmann erheblich erschüttert. Wir müssen im Moment davon ausgehen: Herr Hartmann hat im Dezember gelogen.

Auf der Zeugenbank saß gestern auch der SPD-Abgeordnete Johannes Kahrs. Er konnte sich an vieles nicht mehr erinnern. Sie haben ihm während der Vernehmung zugerufen, er wolle sich drücken. Was glauben Sie, was Kahrs wissen könnte, aber nicht sagen will?

Steffi Lemke zog 1992 erstmals für die Grünen in den Bundestag ein.

Steffi Lemke zog 1992 erstmals für die Grünen in den Bundestag ein.

Schon deutlich vor Edathys Mandatrückgabe scheint in der SPD-Fraktion ziemlich breit über dessen Probleme geredet worden zu sein. Herr Kahrs sprach selber davon, dass man "es" im Januar ja von allen Seiten hören konnte. Das Wissen über mögliche Ermittlungen war möglicherweise deutlich weiter verbreitet. Zur Aufklärung dieses Sachverhalts hat Herr Kahrs jedoch nichts beigetragen. Er hat gravierende Gedächtnislücken offenbart.

Kahrs weiß also mehr?

Er erweckt den Eindruck, dass er sehr bewusst Gedächtnislücken gefunden hat.

Wie leicht würde es Ihnen an Kahrs Stelle fallen, die Namen von Parteikollegen zu nennen, die dann auch in den Mittelpunkt der Edathy-Affäre geraten könnten?

Es geht nicht darum, die Namen von Kollegen auszuplaudern, sondern darum, Verantwortung zu übernehmen. Solange das niemand tut, leidet ja die gesamte SPD darunter.

Kahrs hat sich mehrfach darauf berufen, die Ereignisse lägen zu weit zurück, um sich zu erinnern. Können Sie sich an Details zu Gesprächen erinnern, die Sie im November 2013 geführt haben?

Natürlich nicht. Deshalb haben wir ja auch nach groben Abläufen und Zusammenhängen gefragt, um zu verstehen, was sich damals abgespielt hat. Herr Kahrs hat auf mich in der Vergangenheit nie den Eindruck eines erinnerungsschwachen Politikers gemacht. Er wollte ganz offensichtlich keine Erinnerung haben.

Es gab gestern eine Abstimmung im Ausschuss, die Vernehmung Michael Hartmanns vorzuziehen. Wieso hat die Union sich dem Antrag von Linken und Grünen nicht angeschlossen?

Die SPD wollte die Vernehmung Herrn Hartmanns in der kommenden Woche gründlich vorbereiten und brauchte dafür mehr Zeit, als das gestern innerhalb einer Stunde möglich gewesen wäre. Das hat die Union dann unterstützt.

Im Ausschuss haben Beobachter nicht den Eindruck, dass die Union den Koalitionspartner schonen würde.

Das stimmt, das tut die Union nicht.

Hartmann wird nun wie vorgesehen in der kommenden Woche erneut befragt. Seine Darstellung wurde inzwischen von mehreren Zeugen mindestens teilweise widersprochen. Was erwarten Sie, wie er auftreten wird?

Seine alte Version kann er nicht wiederholen, weil sie so offensichtlich falsch ist, dass er sich damit komplett unglaubwürdig machen würde. Wenn er seine Glaubwürdigkeit als Abgeordneter wiederherstellen will, muss er Klartext reden und eine schlüssige Darstellung der Abläufe liefern.

Mit Steffi Lemke sprach Christian Rothenberg

Quelle: ntv.de

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