Leichen in Häusern und Straßen Heftige Gefechte fordern Dutzende Opfer in Dschabalija
13.10.2024, 19:22 Uhr Artikel anhören
Im Norden des Gazastreifen können laut Welternährungsprogramm 400.000 Menschen seit Anfang Oktober nicht mehr mit Lebensmitteln versorgt werden.
(Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com)
Der Norden des Gazastreifens war bereits vor einem Jahr weitgehend zerstört worden. Doch die Hamas hat sich inzwischen dort reorganisiert, die Kämpfe eskalieren erneut. Besonders dramatisch ist die Lage in Dschabalija.
In Dschabalija im Gazastreifen berichten Einwohner von heftigen israelischen Angriffen und einer sich dramatisch zuspitzenden Situation für die in der bereits stark zerstörten Stadt verbliebenen Zivilisten. Es lägen Dutzende Leichen in Häusern und auf den Straßen, die wegen der Kampfhandlungen nicht geborgen werden könnten. Auch Verletzte in Häusern könnten nicht in Krankenhäuser transportiert werden. Es seien immer wieder Explosionen sowie tieffliegende Drohnen zu hören. Israels Armee habe das Viertel umstellt und eine Ausgangssperre verhängt. Tausende Zivilisten könnten daher ihre Häuser nicht verlassen, es gebe Probleme mit der Versorgung mit Wasser und Nahrungsmitteln.
Ein israelischer Armeesprecher sagte, man prüfe die Berichte. Nach Darstellung des Militärs geht es immer wieder punktuell gegen Stützpunkte der Hamas im Gazastreifen vor. Das von der Hamas kontrollierte Gesundheitsministerium in dem Palästinensergebiet teilte mit, binnen 24 Stunden seien in dem Küstenstreifen 52 Tote in Krankenhäuser gebracht worden.
Am späten Samstagabend war bei einem israelischen Angriff im zentralen Gazastreifen nach Angaben von Medizinern unter anderem eine achtköpfige Familie getötet worden. Der Angriff am späten Samstagabend habe ein Haus im Flüchtlingslager Nusseirat getroffen und die Eltern und ihre sechs Kinder im Alter von 8 bis 23 Jahren getötet, teilte das Al-Aksa-Märtyrer-Krankenhaus im nahe gelegenen Deir al-Balah mit, wohin die Toten gebracht wurden. Nach Angaben der Klinik wurden weitere sieben Menschen verletzt.
Lebensmittelversorgung für Hunderttausende abgeschnitten
Zuletzt hat Israels Militär sein Vorgehen vor allem im Norden des Gazastreifens wieder verstärkt und die Einwohner vieler Viertel zur Flucht in Gebiete weiter südlich aufgefordert. Am vergangenen Wochenende hatte die israelische Armee erklärt, die Gegend von Dschabalia umstellt und eine Evakuierungsanordnung ausgegeben zu haben. Dort hat sich die Hamas trotz eines Jahres intensiver Gefechte und anhaltender Angriffe neu gruppiert.
Diese neuerliche Eskalation hat laut Hilfsorganisationen verheerende Auswirkungen auf die Versorgung der Bevölkerung. Nach UN-Angaben sind Lebensmittellieferungen in den Norden des Gazastreifens zum Erliegen gekommen. Die Hauptgrenzübergange seien geschlossen, seit dem 1. Oktober seien keine Lebensmittel oder anderen wichtigen Güter mehr in ein Gebiet gelangt, in dem sich mehr als 400.000 Menschen befänden. Die für Palästinenserangelegenheiten zuständige israelische Behörde Cogat hatte dagegen vor wenigen Tagen erneut betont, dass Israel den Zugang zu humanitärer Hilfe oder deren Koordinierung im Norden des Gazastreifens nicht unterbunden habe.
Auch das Welternährungsprogramm hat gemeldet, dass es bisher im Oktober wegen des eingeschränkten Zugangs für Hilfslieferungen keine Lebensmittelpakete an insgesamt mehr als eine Million hilfsbedürftigen Palästinenser habe schicken können. Im Norden des Gazastreifens seien viele Küchen, Verteilungszentren und Bäckereien gezwungen gewesen, dicht zu machen oder von Schließung bedroht, sagte ein UN-Sprecher. Den Bäckereien gehe auch das Mehl aus. Trotz der Widrigkeiten verteile das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA gemeinsam mit Partnerorganisationen an ausgewiesenen Notunterkünften und darüber hinaus bislang weiter Mahlzeiten, Brot und Mehl.
Quelle: ntv.de, mbo/dpa