Arbeitsminister im "Frühstart" Heil will in Fleischindustrie "aufräumen"
17.07.2020, 12:12 Uhr
Bundesarbeitsminister Heil will sich für bessere Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie einsetzen.
(Foto: picture alliance/dpa)
Nach den Corona-Ausbrüchen in der Fleischindustrie war schnell die Ursache ausgemacht: die Ausbeutung osteuropäischer Arbeitskräfte auf Basis von Werkverträgen. Jetzt sollen die Arbeitsbedingungen neu geregelt werden. Arbeitsminister Heil nennt im "ntv Frühstart" erste Details.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil will noch in diesem Monat einen Gesetzentwurf für bessere Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie vorlegen. Im Kern werde es Werkverträge und Leiharbeit in dieser Branche nicht mehr geben, sagte der SPD-Politiker in der RTL/ntv-Sendung "Frühstart". Beim Schlachten, Zerlegen und Verarbeiten von Fleisch werde es um Festanstellungen gehen und um anständige Löhne.
Heil nannte zudem die Überwachung des Gesundheitsschutzes am Arbeitsplatz und in Unterkünften, eine digitale Arbeitszeiterfassung und schärfere Kontrollen der Länderbehörden. "Wir werden gezielt in der Branche aufräumen", kündigte der Minister an. Ende des Monats solle das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf beschließen. Auf freiwillige Ankündigungen der Fleischbranche werde man nicht mehr setzen, betonte Heil.
Bei mehreren Fleischverarbeitern hatte es in den vergangenen Wochen lokale Corona-Ausbrüche gegeben, darunter auch bei Deutschlands größtem Fleischkonzern Tönnies in Nordrhein-Westfalen. Am Donnerstag wurde die Schlachtung am Stammsitz in Rheda-Wiedenbrück nach vierwöchiger Zwangspause wieder aufgenommen.
Lieferkettengesetz ist ein Beitrag zur fairen Globalisierung
Der Bundesminister für Arbeit und Soziales hat zudem das geplante nationale Lieferkettengesetz verteidigt. "Wir verlangen nichts von Unternehmen, was sie nicht leisten können. Es geht darum, Risiken einzuschätzen, wo Menschrechte verletzt werden, und Maßnahmen zu ergreifen".
Der SPD-Politiker beruft sich auch auf Forderungen aus der Wirtschaft, ein solches Gesetz zu verbschieden. "Wir wollen, dass es in anderen Teilen der Welt anständige Bedingungen gibt. Dafür sind auch deutsche Unternehmen verantwortlich." Namentlich nannte Heil Daimler, Tchibo und Hapag Lloyd, die sich für eine Regelung der Lieferketten starkmachen würden.
Der Bundesarbeitsminister will im Zuge der deutschen Ratspräsidentschaft das nationale Lieferkettengesetz zum Vorbild für eine EU-Lösung machen. "Wir wollen im Rahmen der Ratspräsidentschaft dafür sorgen, dass das europäisch gilt. Denn der europäische Wirtschaftsraum ist so stark, dass wir einen Beitrag leisten können, dass zum Beispiel in Äthiopien oder im Kongo Arbeitsbedingungen besser werden."
Einwände seitens der Industrie und des Handels, Unternehmen werden für die Fehler Dritter in Haft genommen, will Heil nicht akzeptieren. "Die Unternehmen, die sich jetzt schon kümmern um menschenrechtliche Sorgfaltspflichten, die dürfen ja im Wettbewerb nicht benachteiligt werden gegenüber denen, die sich nicht kümmern."
Aus Sicht des Arbeitsministers ist der Handlungsbedarf zwingend. Wenn man sich um solche Themen nicht kümmere, dann würden sie uns in Europa und Deutschland erreichen. "Spätestens mit Armutszuwanderung. Es ist ein Beitrag zu einer fairen Globalisierung. Es geht um wirtschaftlichen Erfolg der Unternehmen, gar keine Frage. Aber an menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten geht kein Weg vorbei."
Heil kündigt die Verabschiedung des Gesetzes für den Herbst an: "Wir werden im August schon Eckpunkte im Kabinett beschließen, im Herbst gibt es ein Gesetz, und im nächsten Jahr alles dafür tun, dass auch Europa dafür faire Regelungen erhält."
Quelle: ntv.de, ako