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Klage der Ukraine stattgegeben Höchstes UN-Gericht: Russland muss Krieg stoppen

Ukrainer demonstrieren vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag.

Ukrainer demonstrieren vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag.

(Foto: picture alliance/dpa/AP)

Nach dem Überfall Russlands wendet sich die Ukraine mit einem Dringlichkeitsantrag an das höchste Gericht der UN. Nun ordnen die Richter in Den Haag den sofortigen Rückzug der Kreml-Armee an. Auch der internationale Strafgerichtshof treibt seine Ermittlungen wegen Kriegsverbrechen voran.

Der Internationale Gerichtshof hat angeordnet, dass Russland sofort die militärische Gewalt in der Ukraine beenden muss. Das höchste Gericht der Vereinten Nationen gab in Den Haag einer Klage der Ukraine gegen Russland statt. Russland selbst blieb der Verlesung der Entscheidung im Friedenspalast fern. Die Gewalt müsse sofort enden, sagte die Präsidentin des Gerichtes, Joan Donoghue. Dieser Einsatz führe zu unzähligen Toten und Verletzten. Die Entscheidung des Gerichtshofes ist das erste Urteil eines internationalen Gerichtes nach der Invasion Russlands vor knapp drei Wochen. Die Ukraine hatte das Dringlichkeitsverfahren angestrengt und Sofortmaßnahmen gegen Russland gefordert. Der Klage gab das Gericht nun statt.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bezeichnete das Urteil auf Twitter als einen kompletten Sieg der Ukraine. Halte sich Russland nicht daran, werde es sich international noch weiter isolieren, schrieb er. Das Urteil ist zwar bindend. Doch Experten bezweifeln, dass Moskau sich an eine Anordnung halten wird. Auch die Anhörung am 7. März hatte Russland bereits boykottiert. Das Gericht besitzt keine Machtmittel, um einen unterlegenen Staat zu zwingen, ein Urteil umzusetzen. Das Urteil kann aber internationale Signalwirkung haben und den Druck auf Moskau erhöhen.

Gericht weist Russlands Völkermord-Vorwand zurück

Grundlage der Klage ist die Völkermord-Konvention von 1948. Die Ukraine wirft Russland vor, die Konvention als Rechtfertigung für den Krieg zu missbrauchen. Präsident Wladimir Putin hatte erklärt, dass Russen in der Ostukraine vor einem Völkermord geschützt werden müssten - hatte aber keine Beweise vorgelegt. In einer schriftlichen Stellungnahme wies Moskau die Zuständigkeit des IGH zurück, da der Antrag Kiews nicht in den Anwendungsbereich der Völkermord-Konvention von 1948 falle, auf die sich die Ukraine berufe. Zugleich rechtfertigte Russland seinen Einmarsch in der Ukraine mit "Selbstverteidigung".

Der IGH erklärte sich jedoch für zuständig. Die Vorsitzende Richterin Donoghue betonte, das Gericht sei derzeit "nicht im Besitz von Beweisen, welche den Vorwurf der Russischen Föderation belegen, dass auf ukrainischem Territorium ein Völkermord begangen wurde". Die einstweilige Verfügung ist nur eine vorläufige Entscheidung. In der Grundsache wird erst nach dem Hauptverfahren geurteilt, das kann Jahre dauern.

Internationaler Strafgerichtshof schickt Chefankläger in die Ukraine

Am Nachmittag besuchte der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs, Karim Khan, die Ukraine. Dabei sprach er auch virtuell mit Präsident Selenskyj. Das teilte das Weltstrafgericht in Den Haag mit. Khan begrüßte das Gespräch mit dem Präsidenten. "Wir sind uns einig, dass alle Anstrengungen nötig sind, um sicherzustellen, dass das internationale humanitäre Recht respektiert wird, und um die zivile Bevölkerung zu schützen", sagte Khan über Twitter. Zuvor war der Chefankläger an der polnisch-ukrainische Grenze erwartet worden. Khan werde in Begleitung von Polens Justizminister Zbigniew Ziobro einen Erstaufnahmepunkt am Grenzort Medyka besuchen, teilte das Justizministerium in Warschau mit.

Polens Präsident Andrzej Duda hatte in der vergangenen Woche bei einem Besuch von US-Vizepräsidentin Kamala Harris gesagt, Russlands Attacke trage die Züge eines Völkermords. Polen hatte kürzlich bereits angekündigt, man wolle ein Dokumentationszentrum einrichten, um Beweise für die Kriegsverbrechen zu sammeln. In dem Land sind seit Beginn des Ukraine-Kriegs bereits fast 1,9 Millionen Flüchtlinge angekommen.

Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag hat bereits Ermittlungen zu möglichen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der Ukraine eingeleitet. Das Weltstrafgericht verfolgt individuelle mutmaßliche Verdächtige. Es ist völlig unabhängig von dem ebenfalls in Den Haag ansässigen höchsten UN-Gericht, dem Internationalen Gerichtshof, der nun über die Dringlichkeitsklage der Ukraine gegen Russland entschieden hat.

Quelle: ntv.de, mau/dpa

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