Franzosen verlassen Afghanistan Hollande verkündet Einigung
21.05.2012, 05:21 Uhr
Hollande hält sein Wahlversprechen und baut eine Brücke für Merkel.
(Foto: REUTERS)
Der französische Präsident Hollande hält am Abzug aus Afghanistan noch in diesem Jahr fest. Das ärgert die Bundesregierung und die Amerikaner. Allerdings ist Hollande bereit, Ausbilder am Hindukusch zu lassen. Nach außen bliebe damit die "Solidarität der Koalition" gewahrt. Kritik von Kanzlerin Merkel will Hollande nicht gehört haben.
Frankreich hat beim Nato-Gipfel seinen vorzeitigen Kampftruppen-Abzug aus Afghanistan bis Ende des Jahres durchgesetzt. "Wir haben eine gemeinsame Abmachung gefunden", sagte der neue Staatspräsident François Hollande am Rande des Spitzentreffens in Chicago nach Beratungen.
Dagegen sagte Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen, Strategie, Ziel und Zeitplan für die Isaf-Truppen seien unverändert. Es werde keinen "Wettlauf zum Ausgang" geben. Bis Ende 2014 soll die Truppe von derzeit insgesamt 130.000 Soldaten stark verringert werden.
Hollande hatte im Wahlkampf versprochen, die französischen Truppen schon 2012 aus Afghanistan abzuziehen. Sein Festhalten an dieser Forderung nach seinem Wahlsieg hatte die Verbündeten in der Nato verärgert.
Abzug und Unterstützung
Auch in Chicago sagte Hollande: "Die französischen Kampftruppen werden aus Afghanistan abgezogen bis Ende des Jahres." Ausbilder für einheimische Sicherheitskräfte blieben noch dort.
Hollande sicherte eine langfristige Unterstützung Afghanistans nach 2014 zu, dazu habe Frankreich bereits mit Kabul einen Vertrag abgeschlossen. Der afghanische Präsident Hamid Karsai heiße den Pariser Kurs gut.
Auf die Frage, ob sich Kanzlerin Angela Merkel kritisch zu dem vorzeitigen Abzug geäußert habe, antwortete Hollande knapp: "Sie hat mir nichts gesagt."
Frankreich habe auch Bedingungen bei der neuen Nato-Raketenabwehr gestellt. Wegen des Projekts dürften die Budgets in den Mitgliedstaaten nicht aus dem Ruder laufen. "Zudem ist der Dialog mit Russland absolut unerlässlich", sagte Hollande. Moskau hat erhebliche Vorbehalte gegen das Vorhaben.
Deutsche Kritik an Hollande
Merkel hatte sich zuvor sehr deutlich über die französischen Abzugspläne geäußert: "Wir sind gemeinsam nach Afghanistan gegangen und wir wollen auch wieder gemeinsam aus Afghanistan abziehen", betonte sie. Bundesaußenminister Guido Westerwelle warnte: "Ein Abzugswettlauf der westlichen Demokratien aus innenpolitischen Gründen, das würde die Terrorismusbekämpfung nicht stärken, sondern schwächen."
Merkel deutete zugleich eine Kompromisslinie an. "Für uns wäre wünschenswert, dass Frankreich auch im Isaf-Verbund mit dabei bleibt", sagte Merkel. Verteidigungsminister Thomas de Maiziere bestätigte in Chicago, dass es darüber bereits Gespräche gibt.
Vorbild Kanada
Nato-Generalsekretär Rasmussen wies darauf hin, dass Hollande trotz des Abzugs eine weitere Unterstützung für den Einsatz zugesagt habe. Damit könnte sich eine Lösung abzeichnen wie im Falle Kanadas, das seine Aufgaben weitgehend auf die Ausbildung afghanischer Kräfte begrenzt hat. "Ich bin zuversichtlich, dass wir die Solidarität in unserer Koalition bewahren werden", sagte Rasmussen.
Auch US-Präsident Barack Obama beschwor den Zusammenhalt: "So wie wir zusammen Opfer gebracht haben für unsere gemeinsame Sicherheit, werden wir entschlossen zusammenstehen, diese Aufgabe zu beenden."
Vertreter der aufständischen Taliban begrüßten Hollandes Plan. "Wir rufen alle anderen Nato-Mitgliedsländer auf, nicht länger für die politischen Interessen der Amerikaner zu arbeiten und der Forderung ihrer Völker nachzukommen, sofort alle Truppen aus Afghanistan abzuziehen", erklärten sie.
Details an diesem Montag
Zum schrittweisen Abzug sagte Obama, die Verbündeten wollten am Montag eine Vision entwerfen, "in der wir unsere Kampfrolle beenden", sowie eine "Zusage der Freundschaft und Partnerschaft mit Afghanistan" geben.
De Maizière sagte, dazu sei ein neues Mandat des UN-Sicherheitsrates notwendig. Auch ab 2015 müsse es noch kampfbereite Truppen zum Schutz der ausländischen Ausbilder geben. Spekulationen über die Zahl der dafür benötigten Soldaten wies er zurück. "Wir sind gut beraten, dass wir einen klaren Kurs haben, die Entscheidungen so spät wie möglich, aber so früh wie nötig treffen", betonte er. Die Bundeswehr hat etwa 4700 Soldaten in dem Land stehen.
Quelle: ntv.de, hvo/rts/dpa