Politik

Abhängig von Moskau In Afrika hat Putin noch Fans

Putin und Ugandas Präsident Yoweri Museveni am Rande eines Russland-Afrika-Gipfels 2019 in Sotschi.

Putin und Ugandas Präsident Yoweri Museveni am Rande eines Russland-Afrika-Gipfels 2019 in Sotschi.

(Foto: picture alliance/dpa/TASS)

Russland hat in den vergangenen Jahren seinen Einfluss in Afrika ausgebaut. Zahlreiche Staaten sind nicht nur militärisch auf Moskau angewiesen, sondern auch wirtschaftlich. Das garantiert Putin jetzt Unterstützung.

"Die Mehrheit der Menschheit (die nicht weiß ist) unterstützt Russlands Haltung in der Ukraine", twitterte Muhoozi Kainerugaba, Ugandas Heereschef und Sohn von Präsident Yoweri Museveni, kurz nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine. "Putin hat absolut Recht!", schreibt er weiter. Nur wenige Tage später empfing Ugandas Präsident den russischen Botschafter. "Wir haben gemeinsame Interessen besprochen", so Kainerugaba, der als einer der höchsten Generäle des Landes bei dem Treffen dabei war.

Uganda ist eines der Länder Afrikas, die militärisch extrem von Russland abhängig sind. Über 75 Prozent des ugandischen Waffenarsenals, vom Kampfhubschrauber bis zu jeder einzelnen Kugel Munition, stammen aus russischer Produktion. Russische Piloten warten, reparieren und fliegen die Kampfjets der ugandischen Luftwaffe. Gerade jetzt, solange ugandische Soldaten und Kriegsgerät im Nachbarland Kongo gegen islamistische Rebellen kämpfen, benötigt Uganda Nachschub aus Moskau.

In der Generalversammlung der Vereinten Nationen hat sich Uganda deswegen bei der Abstimmung über gezielte Sanktionen gegen Russland enthalten. Es war nicht das einzige afrikanische Land. Insgesamt 17 afrikanische Staaten weigerten sich, die russische Intervention in der Ukraine zu verurteilen.

Nur Kenia, Ghana, Gabun, Ruanda, Dschibuti, Kongo, Somalia und die Demokratische Republik Kongo stimmten mit Ja. Länder wie Burundi, Senegal, Südsudan, Sudan, Südafrika, Uganda, Mali und Mosambik enthielten sich. Äthiopien beteiligte sich nicht an der Abstimmung. Eritrea stimmte neben Belarus, Nordkorea und Syrien sogar gegen die Resolution.

Militärausrüstung aus Russland

Das kommt nicht von ungefähr. Einige Länder wie Angola oder Mosambik haben bereits seit der Zeit der Sowjetunion enge Beziehungen zu Russland und anderen sozialistischen Staaten. Deren Guerillabewegungen wurden damals von Moskau bewaffnet und kamen in den 1980er Jahren mit sowjetischer Hilfe an die Macht. Bis heute sind deren Armeen von Moskau abhängig.

13 Prozent aller seiner Rüstungsexporte liefert Russland nach Afrika, Tendenz stark steigend. Laut der Datenbank des Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI) macht russisches Gerät fast die Hälfte der gesamten Waffenexporte nach Afrika aus. Waffen aus Russland sind preiswerter und in der Regel liefern die Russen die Mechaniker und Piloten gleich mit. Auch in den UN-Friedensmissionen im Kongo (Monusco), im Südsudan (Unamis) oder der sudanesischen Region Darfur (Unamid) stellen die Russen den Löwenanteil der Hubschrauber und Transportflugzeuge. Russland hat durch seine Piloten bereits jetzt mehr Personal in den afrikanischen Friedensmissionen als Frankreich, Großbritannien und die USA zusammen.

Laut Alexandra Kuimova, einer Forscherin des SIPRI-Programms für Waffen und Militärausgaben, hat die Zahl der afrikanischen Länder, die russische Waffen kaufen, in den letzten zwei Jahrzehnten zugenommen. In den frühen 2000er Jahren waren 16 afrikanische Länder Empfänger russischer Waffen. Zwischen 2010 und 2019 stieg die Zahl auf 21.

Von einer "neuen Weltordnung" sprach Russlands Außenminister Sergej Lawrow bei seinem Besuch 2018 in Ruanda, in welcher Afrika einen "wichtiger Eckstein" darstelle. Diese Weltordnung will sich Moskau auch mit direkter militärischer Präsenz auf dem Kontinent sichern.

Jahrelang suchten die Russen nach einem geeigneten Marinestützpunkt in Afrika. In Djibouti, dem kleinen Zipfel am Horn, wo Amerikaner, Franzosen und Chinesen ihre Basen haben, wurde ihnen, wohl auf amerikanischen Druck hin, der Zugang verwehrt. Da guckte sich Putin anderweitig um. Unter den Präsidenten Afrikas bot ihm ausgerechnet der damals international geächtete und mit Haftbefehl vom Internationalen Strafgerichtshof gesuchte sudanesische Machthaber Omar al Bashir einen Platz am Roten Meer an. Strategisch ebenso gut gelegen: entlang der wichtigsten Handelsroute in Richtung Suez-Kanal, nicht weit von Djibouti entfernt. Nach dem Sturz von Diktator Bashir wurden diese Pläne unter der Übergangsregierung eingefroren. Ende Februar, nur wenige Tage vor dem Einmarsch in der Ukraine, war Sudans stellvertretender Leiter des Regierungsrates, General Mohamed Hamdan Daglo, zu Besuch in Moskau, um die Beziehungen wieder zu stärken. Der Marinestützpunkt war ein Haupt-Gesprächspunkt.

Wagner, Russlands Speerspitze in Afrika

Bereits jetzt ist die private Sicherheitsfirma "Wagner" in zahlreichen Ländern Afrikas mit Söldnern präsent. Ob im Konflikt in der Ost-Ukraine, der Krim, in Syrien oder Libyen - Wagner ist mittlerweile der entscheidende Player in Putins Kriegen, ähnlich wie einst die US-Firma Blackwater. Firmengründer Dimitri Utkin war bis 2013 Oberstleutnant und befehligte eine Spezialeinheit des russischen Militärauslandsgeheimdienstes GRU. Seit 2014 kämpfte er mit seiner Söldnereinheit in Syrien. Dort baute er seine Firma auf, rekrutierte Kämpfer. Der Finanzmogul hinter Wagner ist Jevgenij Prigozhin, auch bekannt als "Putins Koch", weil seine Cateringfirma die Partys des Präsidenten ausrichtet. Sie liefert auch die Nahrungsmittelrationen für Russlands Armee.

Laut ihrer offiziellen Internetseite hat die Sicherheitsfirma nach eigenen Angaben derzeit bis zu 50.000 Söldner in Afrika: von Libyen über Sudan bis nach Mosambik. Der Löwenanteil von rund 10.000 ist in der Zentralafrikanischen Republik stationiert. Seit Ende 2021 entsendet Wagner Kämpfer nach Mali. Frankreich, als ehemalige Kolonialmacht bislang Malis engster Verbündeter, hat daraufhin den Abzug seiner Truppen angekündigt. Vergleichbares war zuvor in der Zentralafrikanischen Republik geschehen.

Auch wenn diese Zahlen mit Vorsicht zu genießen sind, sieht Afrika-Analystin Pauline Bax darin ein strategisches Vorgehen: "Wenn sie einen Marinestützpunkt am Horn haben und einen Flughafenstützpunkt in der Zentralafrikanischen Republik und jetzt auch noch eine militärische Präsenz in Westafrika, in Mali, aufbauen, dann haben wir hier eine Streitkraft, die man anerkennen muss", so Bax von der Internationalen Crisis Group. "Dann haben sie eine größere militärische Präsenz in Afrika als die USA."

Propaganda und Finanzen

Russland verfolgt dabei einen ganzheitlichen Ansatz, jenseits des rein militärischen Engagements. Dies zeigt sich deutlich in der Zentralafrikanischen Republik. Russlands Engagement hatte 2014, inmitten des Bürgerkrieges, mit einigen Minenkonzessionen begonnen. 2018 wandte sich Zentralafrikas Regierung an Moskau und erbat Hilfe im Aufbau ihrer maroden Armee. Mittlerweile wird Russisch als Sprache in zentralafrikanischen Schulen unterrichtet, russische TV- und Radiosender sind landesweit erreichbar. "Die russische Präsenz wird begleitet von einer groß angelegten Medienkampagne", so Analystin Bax. Ende 2020 drehten russische Filmemacher sogar einen Actionfilm im Kriegsgebiet, der auch in der Hauptstadt Bangui prominent gezeigt wurde. Er porträtiert, wie die zentralafrikanische Regierung in Erwartung eines Sturms von Rebellen auf die Hauptstadt russische Spezialeinheiten um Hilfe bittet.

Auch wirtschaftlich baut Russland seine Beziehungen zu Afrika aus. Bereits von 2005 bis 2015 hat Russland seine Direktinvestitionen in Afrika um 185 Prozent erhöht. Das war erst der Anfang. Wie weit die wirtschaftlichen Interessen gehen, zeigen die Gespräche zwischen Russland und Uganda 2018. Eine gemeinsame Erklärung der beiden Länder listet die Sektoren auf, in welchen sich Russland engagieren möchte: von der Atomenergie über Gesundheitsprojekte, Telekommunikation, Verschlüsselung von Regierungsdaten, Flughafen- und Grenzsicherung bis hin zu den klassischen russischen Sektoren wie Öl und Gas - Russland hat viel zu bieten, was die Afrikaner dringend brauchen.

Das gilt auch für die Finanzierung: Russlands zweitgrößte Bank VTB hat eine Tochtergesellschaft in Angola eröffnet, die dort den Großteil der russischen Investitionen mit Krediten deckt. Diese schielt jetzt auch in andere Länder Afrikas, ebenso wie die Promsvyazbank, Gazprombank oder Eximbank. Russische Banken liefern das Finanzierungspaket für Großprojekte wie Pipelines, die sich die Afrikaner nicht allein leisten können. So umfassend sind selbst die Beziehungen zu China nicht.

Quelle: ntv.de

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