
Verbündete fürs Leben? Putin und Lukaschenko bei einem Treffen 2021.
(Foto: imago images/ITAR-TASS)
NATO und EU haben scharfe Sanktionen gegen Russland erlassen. Einige Länder haben sich dem angeschlossen, etwa Japan. Doch Moskau hat weltweit Verbündete - wie auch die Abstimmung in der UN-Generalversammlung zeigt.
Mit großer Mehrheit hat die Vollversammlung der Vereinten Nationen den russischen Überfall auf die Ukraine verurteilt. 141 Staaten stimmten für eine entsprechende Resolution. Das ist ein deutliches Ergebnis, auf das auch das deutsche Außenministerium hinwies: "#UnitingForPeace" - sich vereinigen für den Frieden, twitterte das Außenamt nach der Abstimmung und postete eine Übersicht der Flaggen aller Länder, die sich gegen den Angriff stellten.
Insgesamt gehören jedoch 193 Staaten den Vereinten Nationen an - und einige von ihnen stützen offiziell Russland. Welche Länder also haben gegen die Resolution gestimmt, welche haben sich enthalten oder haben gar nicht ihre Stimme abgegeben? Und warum? Ein Überblick:
Fünf Staaten stimmten gegen eine Verurteilung des Angriffskriegs: Russland selbst, Belarus, Syrien, Eritrea und Nordkorea. Das Stimmverhalten von Belarus ist wenig überraschend - der autokratisch regierte Staat ist der wohl engste Verbündete Russlands. Das Land ist zudem Aufmarschgebiet für den Überfall auf die Ukraine, von hier werden Raketen abgeschossen. Dass Belarus selbst auch die Ukraine angegriffen hat, bestreitet das Regime von Alexander Lukaschenko allerdings. Nicht zuletzt ist dieser aufgrund westlicher Sanktionen nach der Niederschlagung oppositioneller Proteste massiv von russischer Hilfe abhängig.
Nordkorea - und das "Nordkorea Afrikas"
Auch das seit mehr als zehn Jahren von einem Bürgerkrieg erschütterte Syrien ist ein enger Alliierter Moskaus. Russische Truppen haben dafür gesorgt, dass sich Machthaber Baschar al-Assad überhaupt halten konnte. Das Land ist abhängig von russischer Hilfe - und hat den Angriffskrieg bereits verteidigt: "Was heute geschieht, ist eine Korrektur der Geschichte und die Wiederherstellung des Gleichgewichts in der Welt", wurde Assad von Syriens staatlicher Nachrichtenagentur Sana zitiert.
Nordkorea und Eritrea sind international isolierte Staaten. Für das von etlichen Sanktionen belegte Regime in Pjöngjang ist Russland neben China ein Verbündeter gegen den Westen, aber bei weitem nicht so wichtig. Immerhin gibt es regelmäßig Staatsbesuche. Nordkorea dürfte auf eine Gegenleistung etwa in Form von Wirtschaftshilfen hoffen - oder einfach aus Feindschaft gegen die USA gegen die Resolution gestimmt haben. Ähnlich dürfte es dem autoritär regierten und in zahlreiche Grenzkonflikte verstrickten Eritrea gehen, das bereits als "Nordkorea Afrikas" bezeichnet wurde. Es dürfte ebenfalls auf Hilfsleistungen aus Moskau hoffen, nicht zuletzt auf militärischem Gebiet. Erst im Februar gab es Gespräche zwischen beiden Staaten, die auf eine angestrebte strategische Beziehung hindeuten.
China verzichtet auf klare Parteinahme
Neben diesen Staaten, die gegen die Resolution stimmten, enthielten sich 35 Länder bei der Abstimmung - was aber nicht unbedingt als Vertrauensbeweis gegenüber Moskau gewertet werden kann. Viele davon wollen es sich vermutlich einfach nicht mit Russland als Handelspartner verscherzen, gleichzeitig aber die Beziehungen zu westlichen Staaten nicht belasten. Oder sie befürchten bei einer Verurteilung Russlands eine Vertiefung des Konflikts. Entsprechend äußerte sich der UN-Vertreter Südafrikas vor der Generalversammlung, ohne dass das Land den Einmarsch billigen würde.
Der Stimme enthielt sich China, das zwar als strategischer Partner Russlands gilt, aber kein Interesse an einer Eskalation der Lage und der damit verbundenen möglichen Auswirkungen auf die Weltwirtschaft hat. Es kritisierte entsprechend auch die westlichen Sanktionen. Zudem sind Peking die Wirtschaftsbeziehungen zum Westen wichtig - und um ein vielfaches größer als jene zu Russland. Bereits im UN-Sicherheitsrat hatte sich die Vetomacht China bei der Abstimmung über eine Resolution enthalten - nur Russland verhinderte mit seinem Veto deren Verabschiedung. Peking dürfte auch weiterhin versuchen, auf eine klare Parteinahme zu verzichten.
Überraschender ist das Verhalten ehemaliger Sowjetrepubliken in der Generalversammlung. Sie haben traditionell enge Kontakte zu Russland, haben teils auch die Invasion der Ukraine verteidigt - aber bis auf Belarus dennoch nicht gegen die Resolution gestimmt. So enthielt sich Kasachstan der Stimme. Dabei half Moskau noch im Januar dabei, Demonstrationen gegen zu hohe Benzinpreise, die sich zu einem Volksaufstand entwickelten, niederzuschlagen. Vielleicht spielen angesichts des Angriffs auf die Ukraine aber Befürchtungen eine Rolle, Russland könnte die ehemalige Sowjetrepublik ebenfalls zu einem Satellitenstaat machen.
Ex-Sowjetrepubliken stimmen nicht mit Russland
Auch andere zentralasiatische und kaukasische Ex-Sowjetrepubliken dürfte das umtreiben, obwohl sie enge wirtschaftliche und sicherheitspolitische Kontakte zu Moskau haben. Russland versuchte jüngst noch, angesichts der westlichen Sanktionen den Handel mit diesen Staaten zu intensivieren. Das gilt etwa für die autoritär regierten Länder Kirgistan, Tadschikistan und Usbekistan, die sich ebenso enthielten wie Armenien. Aserbaidschan und Turkmenistan nahmen gar nicht an der Abstimmung teil. Georgien wiederum, das 2008 selbst Krieg gegen Russland führte, stimmte für die Resolution. Genau wie die Republik Moldau - die mit Russland um die abtrünnige Region Transnistrien ringt - und die baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen.
Zu den Staaten, die sich enthielten, zählen aber auch enge Verbündete Russlands aus anderen Regionen der Welt: Nicaragua und Kuba etwa - die beide den russischen Angriff explizit verteidigt hatten. Die linksautoritären Regime verbinden intensive Wirtschaftsbeziehungen zu Russland, zudem beziehen sie Militärausrüstung aus dem Land und haben hohe Schulden in Moskau. Auch der Iran enthielt sich, obwohl es zuletzt noch Verständnis für russische Sicherheitsbedenken angesichts der NATO-Osterweiterung geäußert hatte.
Länder wie Pakistan und Vietnam unterhalten ebenfalls enge wirtschaftliche Beziehungen zu Moskau und enthielten sich bei der Abstimmung der Generalversammlung. Das gilt auch für Indien, das sich von Russland militärisch ausrüsten lässt, dessen Hilfe im Konflikt mit China benötigt und sich auch schon bei der Abstimmung im Sicherheitsrat enthalten hatte. Premier Narendra Modi verzichtete auch auf eine klare Verurteilung Moskaus und auf die Verhängung von Sanktionen.
Venezuela darf gar nicht abstimmen
Wieder andere Staaten nahmen an der Abstimmung nicht teil, darunter Venezuela - neben Nicaragua und Kuba der engste Verbündete Russlands in Lateinamerika. Der Grund: Das Land darf wegen eines Verzugs bei den Mitgliedszahlungen derzeit nicht in der Vollversammlung abstimmen. An der Treue von Caracas gegenüber Moskau besteht indes kein Zweifel. Der venezolanische Präsident Nicolás Maduro verurteilte bereits die Sanktionen gegen Russland und sprach Moskau die Unterstützung aus. Zudem sollen demnach die gemeinsamen Wirtschaftsbeziehungen noch ausgebaut werden. Das Land bleibt also einer der engsten Partner Russlands.
Zu den Verbündeten Russlands zählen auch afrikanische Staaten wie die Zentralafrikanische Republik, Mali, Burkina Faso, Guinea und Sudan, die sich in der Generalversammlung entweder enthielten oder nicht an der Abstimmung teilnahmen.
Andere Länder, die enge Beziehungen zu Moskau pflegen, stimmten dagegen für die Resolution. So hatten sich die Vereinigten Arabischen Emirate im Sicherheitsrat genau wie China und Indien noch enthalten, stimmten in der Generalversammlung aber für die Verurteilung Russlands. Gleiches gilt für Myanmar, das den Überfall auf die Ukraine zuvor noch verteidigt hatte, und für Serbien, das traditionell ein enger Verbündeter Russlands ist. Gut möglich, dass der russische Angriffskrieg ihnen dann aber doch zu viel war.
Quelle: ntv.de