Politik

Terrortat bei Pariser Polizei Innenminister Castaner gerät unter Druck

Die Opposition wirft Innenminister Castaner vor, nach dem Messerangriff nicht die ganze Wahrheit gesagt zu haben.

Die Opposition wirft Innenminister Castaner vor, nach dem Messerangriff nicht die ganze Wahrheit gesagt zu haben.

(Foto: imago images/PanoramiC)

Bei der Messerattacke im Pariser Polizeipräsidium deuten Hinweise auf ein Terrormotiv hin. Doch wussten die Behörden von der Radikalisierung des Täters? Innenminister Castaner steht in der Kritik, einen Rücktritt lehnt er jedoch ab.

Die Gefahr kam aus einer nie da gewesenen Richtung: Ein Polizeibeamter tötete innerhalb weniger Minuten vier seiner Kollegen, bevor er selbst erschossen wurde. Hinweise der Anti-Terror-Staatsanwaltschaft deuten auf ein terroristisches Motiv hin. Nun wächst vor allem der Druck auf Innenminister Christophe Castaner.

Es habe offensichtlich Schwachstellen bei der Erkennung der Radikalisierung des Tatverdächtigen gegeben, räumte Castaner in einem Interview mit dem Fernsehsender TF1 ein. Forderungen nach seinem Rücktritt wies der Minister jedoch zurück. Diese Frage stelle sich nicht. Castaner betonte, dass es in der Akte des 45 Jahre alten Polizeimitarbeiters keine Hinweise auf Verhaltensauffälligkeiten gegeben habe. Es müsse nun daran gearbeitet werden, wie Radikalisierung besser erkannt werden könne.

Der mutmaßliche Angreifer hatte sich den Anti-Terror-Ermittlern zufolge 2015 gegenüber einem Kollegen zustimmend zu dem islamistischen Attentat auf das Satiremagazin "Charlie Hebdo" geäußert. Dies sei aber nicht gemeldet und vermerkt worden, sagte Castaner. "Wenn es Fehler gab, müssen sie korrigiert werden. Wenn es Fehler gab, müssen sie geahndet werden." Der Minister schlug zudem eine Erhöhung der Sicherheitsmaßnahmen in der Polizeipräfektur vor.

Hat Castaner die Wahrheit gesagt?

Oppositionspolitiker hatten dem Innenminister zuvor vorgeworfen, kurz nach der Tat am Donnerstagnachmittag nicht die Wahrheit über eine bekannte mögliche Radikalisierung des Tatverdächtigen gesagt zu haben. Castaner habe gelogen, sagte die republikanische EU-Politikerin Nadine Morano in einer Gesprächsrunde im Sender BFMTV. Auch Politiker der rechtspopulistischen Partei Rassemblement National um Marine Le Pen forderten den Rücktritt Castaners. Dieser muss Berichten zufolge nun in der kommenden Woche vor einer Delegation des Parlaments Rede und Antwort stehen. Die Republikaner in der Nationalversammlung kündigten zudem an, einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss beantragen zu wollen.

Rückdeckung erhielt Castaner von Premierminister Édouard Philippe. Er vertraue Castaner, so Philippe. Im vergangenen Jahr habe es rund 300.000 Sicherheitsüberprüfungen innerhalb des Polizeiapparats gegeben, sagte der Premier der Zeitung "Le Journal du Dimanche" - jedoch nur in 20 Fällen habe es einen Anlass gegeben, um Polizisten von ihrer Position zu entbinden.

Zudem soll nach den Worten Philippes untersucht werden, ob Anzeichen einer Radikalisierung des Tatverdächtigen erkennbar waren. Er habe die Geheimdienstaufsicht gebeten, eine eingehende Überprüfung der Aufdeckung und Behandlung von Radikalisierungsprozessen in allen an der Terrorismusbekämpfung beteiligten Geheimdiensten durchzuführen, twitterte der Premier.

Angreifer ging mit extremer Gewalt vor

Der Chefermittler der Anti-Terror-Staatsanwaltschaft, Jean-François Ricard, hatte am Samstag Details zu dem Tatverdächtigen bekannt gegeben. Der Mann sei vor rund zehn Jahren zum Islam konvertiert. Außerdem habe der Angreifer Kontakt zu mutmaßlichen Anhängern der salafistischen Bewegung, einer ultrakonservativen Strömung innerhalb des Islams, gehabt. Der Mann habe vor der Tat im Polizeihauptquartier auf der Seine-Insel Île de la Cité per Mobiltelefon ausschließlich religiöse Nachrichten mit seiner Ehefrau ausgetauscht. Diese tauche aber nicht in der Datei für islamistische Gefährder auf. Unmittelbar vor der Tat habe der Mann zwei Messer gekauft. Seine Bluttat habe nur wenige Minuten gedauert.

Der Angreifer war nach Angaben des Chefermittlers mit extremer Gewalt vorgegangen - dies habe auch die Obduktion der Opfer gezeigt. Welche Rolle die 38 Jahre alte Ehefrau des Tatverdächtigen spielte, war zunächst offen. Sie wurde nach drei Tagen am Sonntagabend aus dem Polizeigewahrsam ebtlassen. Gegen die Frau würden zunächst keine weiteren rechtlichen Schritte eingeleitet, berichtete die Nachrichtenagentur AFP. Der Angreifer hatte am Donnerstagnachmittag in der Polizeipräfektur vier seiner Kollegen getötet. Anschließend wurde er von einem Polizisten erschossen, der selbst erst wenige Tage im Einsatz war.

Frankreich wird seit Jahren immer wieder von islamistischen Terrorattacken erschüttert. Dabei sind bislang mehr als 250 Menschen ums Leben gekommen. Beim Anschlag 2015 auf das Satiremagazin "Charlie Hebdo" in Paris und weiteren Angriffen starben 17 Menschen. Polizisten erschossen die drei islamistischen Täter. Im November desselben Jahres töteten Extremisten bei einer Attentatsserie in der französischen Hauptstadt 130 Menschen, unter anderem in der Konzerthalle Bataclan. Im Juli 2016 raste ein Attentäter mit einem Lastwagen am französischen Nationalfeiertag in Nizza in eine Menschenmenge. Mindestens 86 Menschen starben, Hunderte wurden verletzt.

Quelle: ntv.de, mli/dpa

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