Täter wohl entkommen Islamischer Staat bekennt sich zu Anschlag in Moskau
22.03.2024, 22:31 Uhr Artikel anhörenDie Extremisten-Miliz Islamischer Staat (IS) bekennt sich zu dem Angriff in Moskau. Eine entsprechende Botschaft wird über den Telegram-Kanal der Islamisten verbreitet. Die russische Nationalgarde sucht fieberhaft nach den Tätern. Möglicherweise konnten sie flüchten.
Die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) hat den tödlichen Anschlag in Moskau für sich reklamiert. Die Gruppe schrieb bei Telegram, IS-Kämpfer hätten "eine große Zusammenkunft ... am Rande der russischen Hauptstadt Moskau" angegriffen. Dabei wurden nach Angaben russischer Behörden mindestens 60 Menschen getötet und mehr als 100 weitere verletzt.

Auf dem Video sind vier Schützen zu sehen, die in die Reihen der Zuschauer feuern.
(Foto: Screenshot Twitter)
In der Erklärung des IS hieß es weiter, die Angreifer hätten sich "sicher in ihre Stützpunkte zurückgezogen". Auch die russische Nachrichtenagentur RIA meldete, die Täter seien vermutlich entkommen. Die russische Nationalgarde erklärte am Abend, sie sei am Tatort und fahnde nach den Tätern. Später teilte ein russischer Abgeordneter mit, die Nationalgarde werde wieder von der Halle abgezogen. Sie habe das Erdgeschoss, die erste Etage und das unterirdische Parkhaus durchsucht.
Moskau hatte am Abend ein "blutiges terroristisches Attentat" in einem Konzertsaal am Rande der russischen Hauptstadt gemeldet. Zunächst hatten russische Medien berichtet, in dem Veranstaltungsort im Vorort Krasnogorsk hätten Unbekannte in Tarnkleidung das Feuer eröffnet, anschließend sei ein Feuer ausgebrochen. Auf unbestätigten Videos, die den Angriff zeigen sollen, waren mindestens vier Schützen zu sehen.
Der Terrorexperte Peter Neumann vom King's College in London bewertete das IS-Bekennerschreiben als echt. "Die Bekennernachricht lief über alle offiziellen IS-Kanäle. Ich und meine Kollegen können das 100%ig bestätigen", schrieb Neumann zudem auf X. Der aus Deutschland stammende Wissenschaftler warnte vor Falschnachrichten, die auf russischen Telegram-Kanälen kursierten mit der Behauptung, die IS-Mitteilung sei gefälscht. Es gebe "bereits massenweise Fake-News - vermutlich, um das Narrativ zu spinnen, die Ukraine sei für Anschlag verantwortlich", schrieb Neumann.
Bewaffnete in Tarnkleidern
Laut der Nachrichtenagentur TASS griff eine "unbekannte Zahl von Menschen" mit Schüssen in der Halle an, in der die russische Rockgruppe Piknik gerade ein Konzert gab. Der Veranstaltungsort sei evakuiert worden. Ein Reporter der Nachrichtenagentur RIA Nowosti vor Ort sprach von "automatischem Gewehrfeuer", das Bewaffnete in Tarnkleidung abgegeben hätten. Auslöser des Feuers sei eine Granate oder eine Brandbombe gewesen. Die Schüsse hätten 15 bis 20 Minuten angedauert. Viele Besucher des Konzerts hätten sich ins Freie retten können.
Neben der Suche nach den Angreifern vor Ort sei eine Untersuchung wegen eines "terroristischen Akts" eingeleitet worden, teilten die russischen Behörden mit. Die US-Botschaft in Russland hatte ihre Bürger vor zwei Wochen davor gewarnt, dass "Extremisten unmittelbar bevorstehende Pläne haben, große Versammlungen in Moskau, einschließlich Konzerte, ins Visier zu nehmen".
Vor der IS-Erklärung hatte der ehemalige russische Präsident Dmitri Medwedew bei Telegram gedroht, Moskau werde die ukrainische Führung töten, falls sich herausstellen sollte, dass sie in den Angriff verwickelt sei. Die Ukraine habe "absolut nichts" mit dem Angriff zu tun, versicherte der Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, Mychailo Podoljak. "Die Ukraine hat niemals terroristische Kriegsmethoden angewandt", schrieb er bei Telegram. Auch die "Legion Freiheit Russlands", eine in der Ukraine ansässige Gruppe kremlfeindlicher russischer Kämpfer, die regelmäßig bewaffnete Vorstöße in russische Grenzregionen unternimmt, hatte jegliche Beteiligung an dem Angriff bestritten.
Bereits zuvor islamistische Anschläge in Russland
Russland war in der Vergangenheit bereits Ziel von Anschlägen islamistischer Gruppen. Im Jahr 2002 hatten tschetschenische Kämpfer im Moskauer Dubrowka-Theater 912 Menschen als Geiseln genommen, um den Abzug der russischen Truppen aus Tschetschenien zu fordern. Die Geiselnahme endete damals mit einem Angriff von Spezialeinheiten und dem Tod von 130 Menschen, von denen fast alle an dem vom Militär verwendeten Gas erstickten.
Im September 2004 waren tschetschenische Extremisten in eine Schule im südrussischen Beslan eingedrungen. Sie brachten etwa 1100 Kinder, Eltern und Lehrer in ihre Gewalt, die den Beginn des neuen Schuljahres feierten. Nach dreitägiger Belagerung beendeten Sicherheitskräfte die Geiselnahme gewaltsam. Insgesamt starben nach amtlichen Angaben mehr als 330 Menschen, darunter 180 Kinder.
Ende Dezember 2013 - weniger als zwei Monate vor Beginn der Olympischen Winterspiele in Sotschi - töteten zwei Selbstmordattentäter auf einen Bahnhof und einen Oberleitungsbus in der Stadt Wolgograd 34 Menschen.
Quelle: ntv.de, mau/AFP/rts/dpa