Bundestag statt SozialarbeitJette Nietzard hat einen neuen Job

Eines muss man Jette Nietzard lassen: Die frühere Sprecherin der Grünen Jugend weiß, wie man Aufmerksamkeit erregt. Ob ihr das auch in ihrem neuen Job hilft? Einem Bericht zufolge wird man die 26-Jährige in Zukunft häufiger im Bundestag antreffen.
Jette Nietzard kann ihrem Lebenslauf eine weitere Station hinzufügen: Wie der Berliner "Tagesspiegel" aus Fraktionskreisen der Grünen erfuhr, ist die frühere Sprecherin der Grünen Jugend der Partei treu geblieben: Die 26-Jährige arbeitet seit 1. Dezember im Büro der Grünen-Bundestagsabgeordneten Lena Gumnior. Welche Aufgabe Nietzard dort konkret übernimmt, ist nicht bekannt: Weder Nietzard noch die Abgeordnete wollten die Anstellung auf Nachfrage dementieren oder bestätigen. Gumnior verwies auf arbeitsrechtliche Vorgaben und den Schutz ihres Teams.
Nietzard ist studierte Sozialarbeiterin und hat vor ihrem Wechsel in die politische Arbeit unter anderem mit Kindern und Flüchtlingen gearbeitet. Seit 2019 engagiert sie sich politisch bei den Grünen und trat 2021 bei der Berliner Abgeordnetenhauswahl bereits als Kandidatin für die Partei an. Im Oktober 2024 wurde sie auf dem Bundeskongress der Grünen Jugend zur Sprecherin der Nachwuchsorganisation gewählt. Im Juli kündigte sie an, bei der Wahl im Oktober 2025 nicht erneut zu kandidieren.
"Was will die bei uns?"
Ausschlaggebend für die Entscheidung waren unter anderem mehrere Kontroversen, die Nietzard mit Aussagen und Beiträgen auch innerhalb der Grünen verursachte. Sie postete etwa vergangenes Jahr an Silvester auf X: "Männer, die ihre Hand beim Böllern verlieren, können zumindest keine Frauen mehr schlagen."
Auch ihr Kommentar zum Rückzug des früheren Finanzministers Christian Lindner aus der Politik blieb nicht ohne Gegenwind. "Ich freue mich, dass der Mann von Franca Lehfeldt jetzt kürzertritt, um ihr Karriere und Kind zu ermöglichen", schrieb die 26-Jährige nach der Bundestagswahl im Februar 2025 auf X.
Nietzard beklagte in dem Zusammenhang mehrfach fehlenden Rückhalt in der Partei. So wurde sie vom baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann zum Parteiaustritt aufgefordert, nachdem sie auf Instagram ein Foto von sich in einem Pullover mit der Aufschrift ACAB veröffentlicht hatte. Die Abkürzung steht für "Alle Polizisten sind Schweine." Auf einer Baseballkappe war zudem die Raupe Nimmersatt mit der Aufschrift "eat the rich" zu sehen, zu Deutsch: "Friss die Reichen." Kretschmann empfahl ihr daraufhin den Wechsel zur Linkspartei: "Ich verstehe überhaupt nicht, was die bei uns will", sagte der deutschlandweit einzige Regierungschef der Grünen.
Ob ihre neue Arbeitgeberin die Polizei-kritische Ansicht teilt, ist nicht bekannt. Laut "Tagesspiegel" wollte Lena Gumnior diese Frage nicht beantworten. Die Politikerin sitzt für die Grünen im Rechtsausschuss des Bundestags.
"Ich bin verbrannt"
"Ich bin für viele Medien und die Partei verbrannt", sagte Nietzard vergangene Woche in einem Interview mit der "Zeit" rückblickend auf ihre Zeit als Sprecherin der Grünen Jugend. An ihrer Polizeikritik hält sie in dem Gespräch jedoch fest: "Im Kern haben wir in Deutschland ein Polizeiproblem", sagte sie hinsichtlich tödlicher Polizeieinsätze, extremistischer Chatgruppen und rassistischer Vorfälle.
In dem Gespräch sagte Nietzard auch, dass sie sich eine Rückkehr in den Beruf der Sozialarbeiterin genauso gut vorstellen könne wie die Fortsetzung ihrer politischen Karriere. Sie stehe "an einem Punkt der Neuorientierung", sagte die 26-Jährige. "Ich überlege noch, was zu mir passt, was ich gerne machen würde." Wichtig ist ihr zufolge für den Moment nur eins: "Ich muss jetzt echt mal wieder Geld verdienen, ich habe leider noch keinen Sugardaddy."