Fälle von sexuellem Missbrauch Katholische Kirche will Klärung
10.07.2011, 11:36 Uhr
Das oberbayerische Kloster Ettal: 2010 wurde bekannt, dass hier über Jahrzehnte hinweg mehr als 100 Klosterschüler sexuell missbraucht wurden.
(Foto: picture alliance / dpa)
Unter welchen Umständen kam es zum sexuellen Missbrauch durch Geistliche? Wie ist die Kirche in der Vergangenheit damit umgegangen? Und welche Schlüsse lassen sich für die Zukunft ziehen? Personalakten und das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen sollen diese Fragen beantworten.
Mit einer detaillierten Untersuchung zum sexuellen Missbrauch durch Priester und Ordensleute will die katholische Kirche in Deutschland Glaubwürdigkeit zurückgewinnen. Die Bischöfe würden dazu dem Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen (KFN) in allen 27 Diözesen Zugriff auf sämtliche Personalakten der vergangenen zehn Jahre gewähren, schreibt das Magazin " Spiegel". Zusätzlich werde in 9 der 27 Bistümer sogar bis ins Jahr 1945 zurück untersucht.
Einen einstimmigen Beschluss dazu fasste die Deutsche Bischofskonferenz am 20. Juni, schreibt der "Spiegel". Kirchen- Mitarbeiter sollen unter Aufsicht eines KFN-Teams, bestehend aus pensionierten Staatsanwälten und Richtern, die Akten auf Hinweise zu sexuellen Übergriffen durchsuchen. In einem zweiten Schritt soll das KFN-Team die Verdachtsakten auswerten. Vorgesehen ist, allen noch erreichbaren Opfern einen Fragebogen auszuhändigen, in dem sie Angaben zu dem Vorfall machen können. In einer zweiten Runde sind bei Interesse auch noch ausführliche Interviews geplant - ebenso mit Tätern, die dazu bereit sind.
Untersuchung dauert drei Jahre
Mit der Studie will die Bischofskonferenz ermitteln, unter welchen Umständen es zu den Taten gekommen ist, wie die Kirche damit in der Vergangenheit umgegangen ist und welche Schlüsse sich ziehen lassen, um neue Fälle zu verhindern. In einer weiteren Studie werde eine Psychiatergruppe um den bekannten Essener Gerichtsgutachter Norbert Leygraf eine Auswertung von rund 50 Fällen vorlegen, in denen Priester und Ordensleute unter dem Verdacht des sexuellen Missbrauchs vor Gericht standen und dafür psychiatrisch untersucht wurden. Die deutschen Bischöfe wollten die Details der auf drei Jahre angelegten Untersuchung in der kommenden Woche vorstellen.
Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) begrüßte das Vorhaben. Die katholische Kirche sei noch nicht heraus aus der Krise, aber sie mache ihre Hausaufgaben, sagte der Generalsekretär der Laienorganisation, Stefan Vesper, der "Frankfurter Rundschau". "Als Teil einer Gesamtkonzeption ist dies ein richtiger und konsequenter Ansatz, die Ursachen des Missbrauchsskandals aufzuarbeiten, sie zu beseitigen und künftige Fälle verhindern zu helfen." Die Basisbewegung "Wir sind Kirche" warnte indes vor einem "Schuldabweisungsprogramm" der Bischöfe. Deren Lernfähigkeit sei "sehr begrenzt", sagte Christian Weisner vom "Wir sind Kirche"-Bundesteam der Zeitung.
Quelle: ntv.de, dpa