Politik

Gericht arbeitet Kolonialverbrechen auf Kenianer verklagen England

Die Briten schlugen den Aufstand der Mau-Mau-Bewegung blutig nieder. Mindestens 10.000 Kenianer starben, noch mehr landeten in Gefangenenlagern.

Die Briten schlugen den Aufstand der Mau-Mau-Bewegung blutig nieder. Mindestens 10.000 Kenianer starben, noch mehr landeten in Gefangenenlagern.

(Foto: AP)

Als Kolonialmacht in Kenia begeht Großbritannien in den 50er-Jahren schwere Menschenrechtsverbrechen an der einheimischen Bevölkerung. 60 Jahre später muss sich das Land dafür vor Gericht verantworten. Mit einer Entschuldigung der Regierung wollen sich die Opfer und Kläger nicht zufriedengeben.

Drei Kenianern steht der Klageweg gegen die britische Regierung wegen Kolonialverbrechen in den 1950er Jahren offen: Ein Londoner Gericht hat entschieden, ein Verfahren wegen mutmaßlicher Verbrechen bei der Niederschlagung der Mau-Mau-Bewegung sei zulässig. Das Außenministerium Großbritanniens kündigte an, sich weiter gegen die Klage zu wehren.

"Ein faires Verfahren" zu den Vorwürfen der Kenianer sei zulässig, entschied der High Court als oberstes Gericht. Die Beweislage erscheine im Wesentlichen stichhaltig, urteilte Richter Richard McCombe. Die Justiz müsse den Klagen daher nachgehen. Die Kläger werfen den Briten brutale Misshandlungen in den Internierungslagern der Kolonialzeit vor.

Die Anwälte der mutmaßlichen Opfer begrüßten das Urteil als "historisch". Eine Unterstützerin sagte vor dem Gerichtsgebäude: "Am wichtigsten ist, dass nun endlich die Wahrheit herauskommt."

Außenministerium von Urteil enttäuscht

Das britische Außenministerium erklärte hingegen, es sei von dem Urteil "enttäuscht" und kündigte an, Widerspruch gegen die Entscheidung einzulegen. Es erklärte, Zivilklagen müssten nach britischen Recht binnen drei bis sechs Jahren vorgebracht werden. Zudem seien die Verantwortlichen von damals mittlerweile tot oder nicht in der Lage, sich zu den Vorwürfen zu äußern. Gleichzeitig teilte es mit, die Beziehungen zwischen beiden Ländern seien heute sehr gut und beide Völker seien einander eng verbunden.

Die drei Kläger Jane Muthoni Mara, Paulo Muoka Nzili und Wambugu Wa Nyingi geben an, während des Mau-Mau-Kriegs in den 1950er Jahren in Internierungslagern von britischen Soldaten misshandelt worden zu sein. Laut ihren Anwälten wurde Nzili kastriert, Nyingi schwer geschlagen und Mara Opfer schweren sexuellen Missbrauchs.

Richter McCombe sagte, die vorliegenden Archivdokumente zu der Kolonialzeit könnten "ein sehr vollständiges Bild davon zeichnen, was in Regierungs- und Militärkreisen sowohl in London als auch in Kenia vor sich ging". Unterstützer der Kläger begrüßten die Entscheidung McCombes unter Tränen. Die Kläger selbst waren vor Gericht nicht anwesend. Für die Verfahren kann auf etwa 8000 Geheimdokumente zurückgegriffen werden.

Kläger fordern Wohlfahrtsfonds für Opfer

Der Aufstand der Mau-Mau gegen die britische Kolonialherrschaft war von den Briten niedergeschlagen worden. Mehr als zehntausend Menschen wurden getötet, möglicherweise sogar noch deutlich mehr. Zehntausende wurden interniert, darunter der Vater von US-Präsident Barack Obama.

Die drei Kenianer beklagten, die britische Regierung habe alles getan, um die Klagen abzuschmettern, indem sie argumentierte, dass die vorgetragenen Fälle zu lange zurücklägen. Die Kläger hielten dagegen, dass es sich um außergewöhnlich schwere Verbrechen handle. Ein vierter Kläger ist mittlerweile verstorben. Bereits vor rund einem Jahr war den Kenianern in einer ersten Entscheidung das Recht zugesprochen worden, die britische Regierung zu verklagen. Im Juli hatte das Londoner Außenministerium eingeräumt, dass es in der fraglichen Zeit Fälle von Folter gegeben habe.

Die von der Regierung in Nairobi und der kenianischen Menschenrechtskommission unterstützten Kläger verlangen eine Entschuldigung von Großbritannien. Außerdem fordern sie die Einrichtung eines Wohlfahrtsfonds für etwa tausend noch lebende ehemalige Gefangene.

Quelle: ntv.de, AFP

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