"900 tote Soldaten an einem Tag" Kiew: Russen zahlen hohen Blutzoll in Awdijiwka
20.10.2023, 23:26 Uhr Artikel anhören
Der ukrainische Präsident Selenskyj bespricht sich mit seinem Generalstab.
(Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com)
Nur wenige Kilometer vom russisch besetzten Donezk entfernt liefern sich die Kremltruppen eine blutige Schlacht mit den Streitkräften der Ukraine. Der Generalstab in Kiew berichtet von katastrophalen Verlusten der Besatzer. Auch russische Militärblogger sind besorgt.
Die Ukraine hat nach eigenen Angaben einen neuen russischen Angriff auf die ostukrainische Industriestadt Awdijiwka abgewehrt und den russischen Truppen "katastrophale Verluste" zugefügt. "Der Feind hat seine Angriffe wieder aufgenommen und gibt seine Versuche, Awdijiwka einzukesseln, nicht auf", teilte der ukrainische Generalstab mit. Die ukrainischen Soldaten könnten die Verteidigungslinien aber halten. Bei den Kämpfen seien binnen 24 Stunden 900 russische Soldaten getötet oder verletzt und 150 gepanzerte Fahrzeuge zerstört worden, teilte der ukrainische Generalstab weiter mit.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärte im Onlinedienst X (ehemals Twitter), er habe in einem Telefonat mit Bundeskanzler Olaf Scholz über die "gescheiterten Angriffsversuche" der russischen Armee und deren "katastrophale Verluste" in der Nähe von Awdijiwka gesprochen. Regierungssprecher Steffen Hebestreit schrieb bei X, Scholz habe "die anhaltende und unverbrüchliche Solidarität mit der Ukraine" bekräftigt. Der Chef des ukrainischen Präsidialamtes, Andrij Jermak, verbreitete ein Foto, auf dem neben einem ausgebrannten Panzerfahrzeug verschwommen auch ein Toter zu sehen ist. "Awdijiwka. Unsere Krieger vernichten die Russen, die versuchen, von den Flanken aus anzugreifen", schrieb er im Onlinedienst Telegram dazu.
Das russische Verteidigungsministerium machte in seinem täglichen Lagebericht keine Angaben zur Lage in Awdijiwka. Ein bekannter russischer Militärblogger sprach allerdings von einer "angespannten" Situation. "Die russischen Truppen konnten eine sehr wichtige Position einnehmen", allerdings sei den Ukrainern ein "Gegenangriff" in der Nähe von Berdytschi nordwestlich von Awdijiwka gelungen, hieß es auf dem Telegram-Kanal Rybar, welcher der russischen Armee nahesteht und von mehr als 1,2 Millionen Menschen gelesen wird. Am Donnerstagabend hieß es auf dem Kanal, "im Süden von Adwijiwka" hätten die russischen Angriffseinheiten die Kontrolle über das Gebiet ausweiten können. "Die Situation bleibt angespannt", hieß es weiter. Die ukrainische Armee schicke Verstärkung dorthin und bereite sich auf russische Gegenangriffe vor.
Ukrainischer Oberbefehlshaber auf Frontbesuch
Der Oberbefehlshaber der ukrainischen Truppen, Walery Saluschny, teilte auf Telegram mit, den Truppen in Awdijiwka einen Besuch abgestattet zu haben. "Der Gegner lässt nicht nach mit seinen Versuchen, unsere Verteidigung zu durchbrechen", erklärte er. Er habe mit dem örtlichen Kommando über die Taktik und die "vorrangigen Bedürfnisse" der Einheiten vor Ort gesprochen, erklärte er. Auf einem von ihm verbreiteten Video ist der General mit Helm und schusssicherer Weste draußen zu sehen und anschließend im Schutzraum eines Kommandopostens, wo er mit Soldaten spricht, die über den Abschuss eines russischen Kampfflugzeugs vom Typ Su-25 berichten. "Der Feind nutzt aktiv Kampfeinheiten, setzt eine große Zahl von Panzern ein und greift auf die Luftwaffe und die Artillerie zurück", erklärte Saluschny.
Die russischen Truppen hatten zuletzt am 10. Oktober einen Angriff auf Awdijiwka gestartet und dabei schwere Verluste erlitten. Awdijiwka liegt 13 Kilometer nördlich von Donezk. Die Hauptstadt der gleichnamigen Region, die Russlands Präsident Wladimir Putin vor einem Jahr für annektiert erklärt hatte, wird von Russland kontrolliert.
Awdijiwka ist schon seit Beginn des Konflikts mit von Russland unterstützten Separatisten in der Ostukraine im Jahr 2014 umkämpft. In der Industriestadt mit einer großen Kokerei leben der Stadtverwaltung zufolge derzeit noch rund 1600 Einwohner, vor dem russischen Angriffskrieg waren es mehr als 30.000.
Quelle: ntv.de, mau/AFP