Politik

"Ethisch nicht vertretbar" Kükenschreddern bleibt vorerst erlaubt

Das Bundesverwaltungsgericht urteilt, dass das massenhafte Töten von männlichen Küken in der deutschen Geflügelwirtschaft weiter rechtmäßig ist. Alternative Verfahren dazu werden bereits entwickelt. Ministerin Klöckner appelliert aber auch an Verbraucher.

Das Bundesverwaltungsgericht hat das massenhafte Töten männlicher Küken in der Legehennenzucht vorerst noch als rechtmäßig bestätigt. Bis zur Einführung von alternativen Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Hühnerei dürften Brutbetriebe männliche Küken weiter töten, urteilte das Gericht in Leipzig. Die wirtschaftlichen Interessen der Brütereien seien zwar allein kein vernünftiger Grund im Sinne des Tierschutzgesetzes. Bis Alternativen zur Verfügung stünden, sei die Fortsetzung der Praxis aber noch rechtmäßig.

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Soll das Kükenschreddern verboten werden?

"Die Belange des Tierschutzes wiegen schwerer als das wirtschaftliche Interesse der Brutbetriebe, aus Zuchtlinien mit hoher Legeleistung nur weibliche Küken zu erhalten", erklärte das Gericht. Anders als Schlachttiere würden die männlichen Küken zum frühestmöglichen Zeitpunkt getötet. Ihre "Nutzlosigkeit" stehe von vornherein fest.

Das Bundesverwaltungsgericht sah aber keine Möglichkeit, das Kükentöten sofort zu untersagen. Die bisherige Praxis sei "ausgehend von einer damaligen Vorstellungen entsprechenden geringeren Gewichtung des Tierschutzes" jahrzehntelang hingenommen worden. Vor diesem Hintergrund könne von den Brutbetrieben eine sofortige Umstellung ihrer Betriebsweise nicht verlangt werden.

Das Land Nordrhein-Westfalen hatte das Kükentöten 2013 per Erlass stoppen wollen. Zwei Brütereien aus NRW klagten dagegen. Jedes Jahr werden in Deutschland laut Bundeslandwirtschaftsministerium rund 45 Millionen männlicher Küken nach dem Schlüpfen getötet. Sie sind für die Zucht von Legehennen überflüssig und eignen sich auch nicht für die Mast.

Ministerium fördert alternative Verfahren

Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner hatte sich zuvor gegen das massenhafte Töten von männlichen Küken ausgesprochen. "Das Kükentöten ist ethisch nicht vertretbar und muss so schnell wie möglich beendet werden", sagte Klöckner der Düsseldorfer "Rheinischen Post". "Tiere nach Geburt sofort wieder zu töten, weil sie ein bestimmtes Geschlecht haben, das darf nicht sein." Einbezogen werden müssten zudem die Verbraucher, sagte die Ministerin. "Mit ihrer Kaufentscheidung haben sie es letztlich mit in der Hand, ob sich innovative Verfahren durchsetzen oder immer mehr Eier importiert werden."

Ihr Ministerium fördere mit mehr als acht Millionen Euro verschiedene Verfahren und Initiativen, die das Kükentöten zukünftig überflüssig machen sollen, sagte Klöckner. Der stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Oliver Krischer, sagte der "Rheinischen Post", dass es schon eine serienreife Technik zur Geschlechtsbestimmung im Ei gebe, die das Schlüpfen und damit auch das Töten männlicher Küken verhindern könne. Die Kosten lägen bei weniger als zwei Cent pro Ei.

Geflügelwirtschaft sieht Urteil als Auftrag

Der Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft ist mit der Entscheidung des Gerichts zufrieden. "Es ist eine kluge Entscheidung, die der Realität gerecht wird", erklärte Verbandspräsident Friedrich-Otto Ripke. Die Wirtschaft wolle "lieber heute als morgen aus dem Kükentöten aussteigen, ohne praxistaugliche Alternativen geht das aber nicht".

Ripke wertete die Entscheidung auch als "klaren Auftrag", intensiv an praxistauglichen Alternativen durch die Geschlechtsbestimmung im Ei zu arbeiten. Es müsse alles daran gesetzt werden, "dass möglichst bald eine entsprechende Technik flächendeckend für alle Brütereien in Deutschland zur Verfügung steht".

Quelle: ntv.de, joh/dpa/AFP

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