Politik

"Tempelbomber"-Prozess in Essen Lange Strafen für Anschlag auf Sikh-Tempel

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(Foto: picture alliance / dpa)

Die beiden Jugendlichen, die einen Anschlag auf einen Essener Sikh-Tempel verübt haben, werden vom Gericht zu langen Jugendstrafen verurteilt.

Wegen des Sprengstoffanschlags auf ein Gebetshaus der Essener Sikh-Gemeinde hat das Landgericht Essen die drei 17-jährige Angeklagten zu hohen Jugendstrafen verurteilt. Die Richter verhängten Haftstrafen von sieben Jahren, sechs Jahren und neun Monaten sowie sechs Jahren, wie ein Gerichtssprecher mitteilte. Ihr Motiv sei Hass auf andere Religionen gewesen, befanden die Richter. Zwei Angeklagte wurden unter anderem wegen Mordversuchs verurteilt, der dritte wegen Verabredung zum Mord. Er war am Tatort nicht dabei gewesen.

Bei der Explosion eines selbstgebastelten Sprengsatzes am 16. April 2016 hatte ein Priester der Sikh-Religionsgemeinschaft Brandverletzungen und einen offenen Knochenbruch am Fuß erlitten, zwei weitere Männer zogen sich Schnittverletzungen zu. Durch die Wucht der Explosion wurde die Eingangstür des Gebetshauses zerstört, Fensterrahmen wurden herausgerissen. Für einen unmittelbaren Kontakt zur Terrormiliz Islamischer Staat habe die Hauptverhandlung aber keine Anhaltspunkte ergeben, so der Sprecher.

Nach Überzeugung der Richter hatten sich die drei Angeklagten bereits geraume Zeit vor der Tat radikalisiert. Die zur Tatzeit 16 Jahre alten Jugendlichen hielten laut Urteil Kontakt zu salafistischen Kreisen und waren teils an Koranverteilungen in Fußgängerzonen beteiligt. Keine Anhaltspunkte ergab die Hauptverhandlung allerdings für einen unmittelbaren Kontakt der Angeklagten zur Dschihadistenmiliz Islamischer Staat.

Zutaten für Bombe im Internet beschafft

Wie der gesamte Prozess gegen die drei Angeklagten fand auch die Urteilsverkündung wegen des jugendlichen Alters der Beschuldigten hinter verschlossenen Türen statt. Seit Prozessbeginn im Dezember vernahm die Essener Strafkammer 50 Zeugen und Sachverständige. Die Richter sahen es danach als erwiesen an, dass der Angeklagte T. aus Gelsenkirchen und sein Mitangeklagter B. aus Essen den Sprengsatz am Nachmittag des 16. April gemeinsam bauten, indem sie einen Feuerlöscher mit Sprengstoff füllten und einen Fernzünder anbrachten.

Am frühen Abend gingen T. und B. demnach zum Gemeindezentrum der Sikh-Religionsgemeinschaft in Essen. Laut Urteil platzierte T. den Sprengsatz gegen 19.00 Uhr am Eingang des Gebetshauses und löste mit dem Fernzünder anschließend die Explosion aus. Danach flohen beide vom Tatort. Die Zutaten für Sprengstoff und Fernzünder hatten sie sich laut Gericht im Internet beschafft.

Die Richter sprachen T. und B. unter anderem des gemeinschaftlichen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung schuldig. T. erhielt sieben Jahre, B. sechs Jahre und neun Monate Jugendstrafe. Der dritte Angeklagte I. aus Schermbeck wurde zu sechs Jahren Jugendhaft wegen Verabredung zum Mord verurteilt.

I. war nach Überzeugung des Gerichts am Tatort zwar nicht dabei. Er hatte aber laut Urteil im Vorfeld mit seinen beiden Mitangeklagten vereinbart, eine solche Tat zu verüben. Auch soll er auf den Sikh-Tempel als mögliches Anschlagsziel hingewiesen haben.

Der Anschlag auf das Essener Sikh-Gebetshaus war eines von mehreren Attentaten, die im vergangenen Jahr die deutschen Sicherheitsbehörden in Atem hielten. Gut zwei Monate nach dem Anschlag von Essen erschoss die Polizei in Würzburg einen Axtangreifer, der mehrere Menschen schwer verletzt hatte.

Ebenfalls im Juli 2016 sprengte sich bei einem Musikfestival im fränkischen Ansbach ein 27-Jähriger in die Luft. Den bislang bei weitem schwersten islamistischen Anschlag in Deutschland beging im vergangenen Dezember der Tunesier Anis Amri auf dem Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz. Bei dem Lastwagenattentat starben zwölf Menschen, mehr als 50 wurden verletzt.

Quelle: ntv.de, bdk/AFP/dpa

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