Hitzige Debatte Linke ringt sich zu Gaza-Position durch
18.11.2023, 02:34 Uhr Artikel anhören
Die Parteivorsitzenden Janine Wissler und Martin Schirdewan.
(Foto: picture alliance/dpa)
Auf dem Bundesparteitag der Linken geht es zum einen darum, den Dauerstreit mit Sahra Wagenknecht hinter sich zu lassen und nach vorne zu sehen. Ein für die Partei schwieriges Thema steht aber an: die Positionierung zum Gaza-Krieg nach dem Hamas-Massaker vom 7. Oktober.
Die Linke hat sich nach sehr hitziger Debatte bei ihrem Parteitag in Augsburg auf eine Position zum Gaza-Krieg geeinigt. Eine breite Mehrheit der Delegierten forderte in dem Beschluss einen sofortigen Waffenstillstand und die sofortige Freilassung der von Hamas verschleppten israelischen Geiseln. Das Papier betont das Existenzrecht Israels und das Ziel einer Zwei-Staaten-Lösung. Antisemitismus in Deutschland wird verurteilt, jedoch auch vor antimuslimischen Ressentiments gewarnt.
Linken-Chef Martin Schirdewan forderte in seiner Rede ein sofortiges Ende des Gaza-Kriegs. Zur Position der Linken gehöre die eindeutige Verurteilung des Terroranschlags der Hamas auf Israel vom 7. Oktober, erklärte Schirdewan in seinem Redemanuskript. Er fügte aber hinzu: "Der daraufhin im Gazastreifen ausgetragene Krieg mit seinen schrecklichen Folgen insbesondere für die palästinensische Zivilbevölkerung und Tausenden von Toten muss sofort enden." Die Bombardierung ziviler Einrichtungen und das Vorenthalten humanitärer Güter widersprächen dem Völkerrecht - ebenso wie das Benutzen von Zivilisten als Schutzschilde. "Deshalb fordere ich unverzüglich einen Waffenstillstand, um das Sterben zu beenden", betonte Schirdewan. "Die Geiseln der Hamas müssen unverzüglich freigelassen werden."
Vorsitzende signalisieren Aufbruch nach Spaltung
Der vorab ausgehandelte Kompromissantrag war der Parteispitze wichtig, um die Linke in der Frage nicht als zerstritten dastehen zu lassen. In der Debatte wurde jedoch deutlich, dass einige Linke extremere Positionen vertreten. So warf der Delegierte Nick Papak Amoozegar Israel einen "Genozid", die "gezielte Vernichtung eines Volks" und "ethnische Säuberungen" vor. Aus den Reihen der Delegierten gab es Protestrufe.
Der frühere Berliner Kultursenator Klaus Lederer beklagte, dass einige Linke die tiefe Zäsur des Terrorangriffs der Hamas auf Israel am 7. Oktober nicht verstanden hätten. Die Angreifer seien mit Zielstrebigkeit und Genauigkeit unvorstellbar grausam vorgegangen. Es handele sich um einen "Akt eliminatorischer Enthemmung" und um eine neue Kategorie, sagte Lederer.
In weiten Teilen ging es auf dem Bundesparteitag darum, den Dauerstreit mit Sahra Wagenknecht hinter sich zu lassen und ihren Markenkern aufpolieren. "Die Linke ist wieder da", sagte die Co-Vorsitzende Janine Wissler zum Auftakt in der Halle auf dem Augsburger Messegelände. Es sei aktuell zwar keine einfache Situation. Aber mit der Trennung von Wagenknecht gehe auch ein Klärungsprozess einher. Ein Kapitel sei geschlossen, ein neues werde aufgeschlagen. "Mein Eindruck ist, dass es in der Partei auch ein Aufatmen darüber gibt, dass die Konflikte der Vergangenheit hinter uns gelassen werden", meinte Wissler. Den Aufbruch symbolisieren soll ein neues Parteilogo in leuchtendem Rot, das Wissler gemeinsam mit ihrem Co-Vorsitzenden Martin Schirdewan vorstellte.
Quelle: ntv.de, mpe/dpa