Politik

Der Kriegstag im Überblick London sieht Ukraine auf breiter Front angreifen - Moskau meldet Rückschläge für Kiew

Mit Details zur Offensive hält sich die Ukraine zurück: Feuerwehrleute löschen nach einem russischen Raketenangriff.

Mit Details zur Offensive hält sich die Ukraine zurück: Feuerwehrleute löschen nach einem russischen Raketenangriff.

(Foto: picture alliance/dpa/AP)

Moskau meldet massive Rückschläge für die Offensive der ukrainischen Truppen. Britische Geheimdienste sehen allerdings Russland im Süden unter Druck. Besitzer neuer russischer Pässe in den besetzten Gebieten sollen zu Soldaten gemacht werden und das AKW Saporischschja geht wieder vom Netz. Der 192. Kriegstag im Überblick.

Kreml: Gegner erleidet hohe Verluste

Das ukrainische Militär hat nach russischen Angaben seine Gegenoffensive im Süden des Landes fortgesetzt, allerdings mit hohen Verlusten. Das "Regime" aus Kiew versuche weiter erfolglos, sich im Raum zwischen Mykolajiw und Krywyj Rih festzusetzen, berichtete das Verteidigungsministerium in Moskau.

"Ukrainische Flussüberquerung gescheitert"

Weiter teilte Moskau mit, die russischen Truppen hätten eine großangelegte Überquerung des Flusses Dnipro in der Nacht erfolgreich abgewehrt. Mehr als 250 Angehörige von Spezialeinheiten der ukrainischen Armee sowie ausländische Kämpfer hätten versucht, das von Russland gehaltene, linke Dnipro-Ufer bei den Ortschaften Energodar und Dniproprudny zu erobern. Mehr als 20 Boote seien durch Luftabwehrraketen zerstört worden. Die übrigen Boote seien wieder abgedreht und noch beim Landen auf der ukrainischen Seiten von Haubitzen beschossen worden. Insgesamt seien 47 Kämpfer der ukrainischen Seite getötet worden, berichtet Ria Nowosti unter Berufung auf das russische Verteidigungsministerium.

Britische Geheimdienste: Angriff auf drei Achsen

Während die Ukraine weiterhin keine genaueren Auskünfte zu der am Montag gestarteten Offensive gab, erkannten die britischen Geheimdienste kleinere ukrainische Erfolge im Süden des Landes. Die ukrainischen Offensivbemühungen verliefen im Oblast Cherson westlich des Fluss Dnipro über drei Achsen auf breiter Front. Das setze die russische Militärführung unter Druck, ihre eigenen Einsatzreserven zwischen der Front im Donbass und der im Süden zu gewichten. Die Ukraine habe dabei von logistischen Problemen sowie Schwächen in Verwaltung und Militärführung der Russen profitiert.

Werden Inhaber neuer russischer Pässe eingezogen?

Nachdem Russland in den besetzten Gebieten russische Pässe an interessierte Ukrainer verteilt hat, sollen Passinhaber sich für den Militärdienst melden. Das berichtete der US-Analyst Michael Bociurkiw auf Twitter. Dazu veröffentlichte er ein Foto von einem Papier, das im besetzten Melitopol ausgegeben worden sein soll. Russland hat nach übereinstimmenden Berichten Probleme, genug Kämpfer für den Einsatz in der Ukraine zu finden. In den selbsternannten, von Russland gesteuerten Volksrepubliken Luhansk und Donezk wurden Männer zum Zwangsdienst an der Front verpflichtet.

Referendum ohne Resonanz

In der besetzten ukrainischen Stadt Snihuriwka will die russische Besatzungsmacht ein Referendum über die Einsetzung eines Russland-treuen Bürgermeisters und den Anschluss der Stadt an die Verwaltungsstrukturen der von Russland annektierten Krim abstimmen lassen. Vitalii Kim, Chef der Militärverwaltung im umkämpften Oblast Mikolajew, sagte der ukrainischen Nachrichtenagentur RBK, höchstens 10 Prozent der verbliebenen 2000 Einwohner wollten sich an der Abstimmung beteiligen. "Das Referendum wird stattfinden, aber es wird nicht gut aussehen", sagte Kim. Die Stadt habe ursprünglich 12.000 Einwohner gehabt. Den Exodus wertete Kim als klares Zeichen, dass die Mehrheit der Menschen nicht unter russischer Besatzung leben will.

Saporischschja wieder vom Netz getrennt

Das von russischen Truppen besetzte Atomkraftwerk Saporischschja in der Südukraine wurde erneut vom Netz genommen. Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) teilte mit, die Verbindung zwischen der letzten verbleibenden Hauptstromleitung des Kraftwerks und dem Versorgungsnetz sei unterbrochen worden. Die IAEA sei "heute vor Ort" darüber informiert worden, dass die Anlage weiter Strom über eine Reserveleitung liefere.

Kein akuter Gasmangel in Deutschland

Die Bundesnetzagentur erklärte, die von Gazprom gemeldeten Mängel seien nach ihrer Einschätzung kein Grund für die Einstellung des Betriebes der Verdichterstation für die Pipeline Nord Stream 1. Die Versorgungslage sei angespannt und eine weitere Verschlechterung der Situation könne nicht ausgeschlossen werden, heißt es in dem Lagebericht der Behörde. "Die Gasversorgung in Deutschland ist im Moment aber stabil. Die Versorgungssicherheit in Deutschland ist derzeit weiter gewährleistet." Gazprom hatte am Freitag mit Verweis auf angebliche Öllecks die Lieferung nach drei Tagen Wartungsstopp nicht wieder aufgenommen.

Angst vor Energiepreisen: Olena Selenska erinnert EU an Tote

Die ukrainische First Lady Olena Selenska erinnerte angesichts der Debatte über steigende Verbraucherpreise in Europa an die menschlichen Kosten des Krieges in ihrem Land. "Während ihr anfangt, die Pennies auf eurem Konto oder in eurer Tasche zu zählen, tun wir das gleiche und zählen unsere Opfer", sagte die Frau des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in einem BBC-Interview, das am Sonntag in voller Länge ausgestrahlt werden soll.

Grüne wollen Ukraine mehr Waffen liefern

Angesichts des Ukraine-Kriegs fordern die Grünen mehr "Wehrhaftigkeit" - und die Bereitschaft des Westens, autokratischen Regierungen wie in Russland und China offen die Stirn zu bieten. Der Einsatz von Waffen könne die Möglichkeit schaffen, politische Spielräume zu öffnen, argumentiert der Parteivorstand in einem Leitantrag für den Parteitag im Oktober. In dem Papier werden zudem verstärkte Waffenlieferungen für die Ukraine gefordert. "Der russische Angriffskrieg in der Ukraine führt uns vor Augen, wie fatal es ist, wenn wir uns von Autokraten und außenpolitisch aggressiven Akteuren abhängig machen", heißt es. "Deshalb liefern wir Waffen an die Ukraine und wollen das auch weiterhin verstärkt tun, wo nötig auch aus den Beständen der Bundeswehr und der Industrie."

Scholz sagt Pressekonferenz ab

Bundeskanzler Olaf Scholz und der ukrainische Ministerpräsidenten Denys Schmyhal werden nach ihrem Treffen in Berlin am Sonntag nicht gemeinsam vor die Presse treten. "Aufgrund einer Terminverschiebung kann die nach dem Gespräch mit Ministerpräsident Schmyhal geplante gemeinsame Pressekonferenz leider nicht stattfinden", sagte ein Sprecher der Bundesregierung. Weitere Erläuterungen gab es nicht. Eine Sprecherin Schmyhals wollte sich zu der Absage nicht äußern.

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Quelle: ntv.de, mau/dpa/rts

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