Wirtschaft

Leck kein Grund für Lieferstopp Siemens Energy widerspricht Gazprom im Gas-Streit

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In Lubmin kommt auf absehbare Zeit kein russisches Gas mehr an.

(Foto: REUTERS)

Anders als erwartet fließt seit dem Morgen kein russisches Gas durch Nord Stream 1. Die Begründung von Gazprom, man könne den sicheren Betrieb wegen eines Öl-Lecks nicht garantieren, hält Siemens Energy für vorgeschoben. Solche Lecks habe es früher schon gegeben - ohne einen Lieferstopp zu verursachen.

Die deutsche Firma Siemens Energy, die Turbinen an Gazprom geliefert hat, hält die angegebenen Gründe des Unternehmens für den Gaslieferstopp durch Nord Stream 1 für nicht plausibel. "Als Hersteller der Turbinen können wir lediglich feststellen, dass ein derartiger Befund keinen technischen Grund für eine Einstellung des Betriebs darstellt." Gazprom begründet die Einstellung der Lieferungen mit einem Öl-Leck in der Kompressorstation Portowaja. Bis zu dessen Beseitigung bleibe der Gasdurchfluss gestoppt.

Laut Siemens Energy beeinträchtigen solche Leckagen im Normalfall den Betrieb einer Turbine nicht und könnten vor Ort abgedichtet werden - das sei ein Routinevorgang im Rahmen von Wartungsarbeiten. Auch in der Vergangenheit sei es durch das Auftreten dieser Art von Leckagen nicht zu einem Stillstand des Betriebs gekommen, heißt es aus dem Unternehmen. Siemens Energy sei aktuell nicht mit Wartungsarbeiten beauftragt, stehe aber bereit. In der Verdichterstation Portowaja stünden außerdem genug weitere Turbinen für einen Betrieb von Nord Stream 1 bereit.

Auch die Bundesnetzagentur hat Zweifel an der russischen Begründung für die Nicht-Wiederaufnahme der Gaslieferungen. "Die von russischer Seite behaupteten Mängel sind nach Einschätzung der Bundesnetzagentur technisch kein Grund für die Einstellung des Betriebs", schreibt die Behörde in ihrem Lagebericht zur Gasversorgung.

Gazprom: Kein sicherer Betrieb möglich

Gazprom zufolge ist das Leck in der Kompressorstation bei den gemeinsam mit Experten von Siemens Energy erledigten Wartungsarbeiten festgestellt worden. Das ausgetretene Öl sei an mehreren Stellen gefunden worden. Es sei nicht möglich, den sicheren Betrieb der letzten dort noch verbliebenen Gasturbine zu garantieren. Schon in der Vergangenheit sei es zu solchen Ölaustritten gekommen, hieß es. Ein Brief über die Beanstandungen am Aggregat Trent 60 mit der Nummer 24 und über die notwendigen Reparaturen sei an den Chef von Siemens Energy, Christian Bruch, gegangen.

Durch die Ostseepipeline Nord Stream 1 wird von diesem Samstag an anders als angekündigt weiter kein Gas fließen. Das hatte der Staatskonzern Gazprom am Freitagabend bei Telegram mitgeteilt. Es war damit gerechnet worden, dass nach Abschluss der angekündigten dreitägigen Wartungsarbeiten am Morgen wieder Gas durch die Leitung fließt.

Oktober-Speicherziel für Gas fast erreicht

Das Bundeswirtschaftsministerium gibt sich unbeeindruckt. Eine Sprecherin sagte am Freitagabend, die Gasspeicher seien aktuell zu 84,3 Prozent gefüllt. "Das Oktober-Speicherziel von 85 Prozent dürfte daher schon in den ersten Septembertagen erreicht sein." Auch bei der Versorgung über andere Lieferwege als russische Pipelines und neue Anlandekapazitäten für Flüssiggas komme man gut voran. Das weitaus meiste Erdgas erhält Deutschland inzwischen aus Norwegen, den Niederlanden und Belgien.

Am Donnerstag flossen nach Angaben der Bundesnetzagentur rund 2900 Gigawattstunden Erdgas aus diesen Ländern nach Deutschland. Zum Vergleich: Am Montag, dem letzten Tag vor der angekündigten Lieferreduktion, transportierte Nord Stream 1 rund 348 Gigawattstunden russisches Erdgas. Die eingespeicherte Menge betrug zuletzt immer ein Mehrfaches dieser Liefermenge aus Russland. So wurden etwa am Mittwoch 965 Gigawattstunden Erdgas in Deutschland eingespeichert, gleichzeitig wurden den Speichern 354 Gigawattstunden entnommen. Unterm Strich blieben also 611 Gigawattstunden in den Speichern.

Quelle: ntv.de, jug/dpa/rts

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