Gazprom stellt Lieferungen einDeutschland füllt Speicher auch ohne Nord Stream

Wieder einmal fließt kein russisches Gas nach Deutschland. Wieder einmal begründet Gazprom das mit technischen Problemen der Pipeline Nord Stream 1. Doch auch ohne russisches Gas herrscht zunächst in Deutschland kein Gasmangel. Die Speicher werden sogar weiter gefüllt.
Trotz des anhaltenden Lieferstopps kann in Deutschland weiter Erdgas eingespeichert werden. Das teilte der Branchenverband Initiative Energien Speichern (INES) mit. Laut INES-Sprecher Sebastian Bleschke habe etwa der vergangene Mittwoch als erster Tag der Lieferunterbrechung bereits gezeigt, dass dies möglich ist. Unterm Strich seien an diesem Tag bundesweit 611 Gigawattstunden Gas in die Speicher hinzugekommen.
Der russische Gasriese Gazprom hat die Gaslieferungen nach Deutschland durch die Pipeline Nord Stream 1 auf unbestimmte Zeit unterbrochen. Der Lieferstopp, der am Mittwoch begann, war zunächst mit turnusgemäßen Wartungsarbeiten an einer Kompressorstation begründet worden. Eigentlich sollten die Lieferungen heute morgen wieder aufgenommen werden, doch am Freitagabend erklärte Gazprom, wegen eines Öllecks an einer Turbine seien keine Lieferungen über Nord Stream 1 möglich. Zur Dauer des Lieferstopps machte der Konzern keine Angaben.
Insgesamt sei die Lage bei der Gasversorgung angespannt, heißt es im aktuellen Lagebericht zur Gasversorgung der Bundesnetzagentur. Eine weitere Verschlechterung der Situation könne nicht ausgeschlossen werden. "Die Gasversorgung in Deutschland ist im Moment aber stabil. Die Versorgungssicherheit in Deutschland ist derzeit weiter gewährleistet."
"Weg zur Energie-Unabhängigkeit beschleunigen"
Aktuelle Zahlen der europäischen Gasspeicher-Betreiber zeigen für den vergangenen Donnerstag für ganz Europa ein ähnliches Bild wie in Deutschland: Eingespeist wurden an diesem Tag rund 910 Gigawattstunden, entnommen 324. Das ergibt unter dem Strich eine Einspeicherung von 586 Gigawattstunden Gas.
Das weitaus meiste Erdgas erhält Deutschland inzwischen aus Norwegen, den Niederlanden und Belgien. Am Donnerstag flossen nach Angaben der Bundesnetzagentur rund 2900 Gigawattstunden Erdgas aus diesen Ländern nach Deutschland. Zum Vergleich: Am Montag, noch vor der angekündigten Lieferreduktion, transportierte Nord Stream 1 rund 348 Gigawattstunden russisches Erdgas.
"Ich gehe davon aus, dass Einspeicherungen auf diesem Niveau aufrechterhalten werden können, so dass das 85-Prozent-Ziel in wenigen Tagen erreicht werden wird", sagte Bleschke weiter. "Sollte der komplette Ausfall russischer Gastransporte sich bis in den November fortsetzen, wird ein Erreichen des 95-Prozent-Ziels allerdings große Anstrengungen erfordern." Laut einer neuen Verordnung sollen die Speicher in Deutschland am 1. November zu mindestens 95 Prozent gefüllt sein. 85 Prozent sind die Zielmarke für den 1. Oktober.
Die Bundesregierung will mit verschiedenen Maßnahmen erreichen, dass die Gasspeicher in Deutschland zu Beginn der Heizperiode fast voll sind. Deutschland soll damit im Winter besser gegen einen Totalausfall russischer Lieferungen gewappnet sein. Die bei einem Füllstand von 95 Prozent gespeicherte Gasmenge entspricht etwa dem bundesweiten Verbrauch der beiden Monate Januar und Februar 2022. "Die Nutzung von Gas als Waffe wird an der Entschlossenheit der EU nichts ändern", schrieb EU-Ratspräsident Charles Michel auf Twitter. "Wir werden unseren Weg zur Energie-Unabhängigkeit beschleunigen."