Politik

Wo bleibt das Kanzlerin-Porträt? Im Hause Scholz klafft eine Merkel-Lücke

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Von links nach rechts: Helmut Kohl bis Konrad  Adenauer.

Von links nach rechts: Helmut Kohl bis Konrad Adenauer.

(Foto: picture alliance / Ulrich Baumgarten)

Der dritte Bewohner des Bundeskanzleramts in Berlin zieht bald aus und hinterlässt eine Leerstelle: Noch immer fehlt in der Ahnengalerie bisheriger Bundeskanzler ein Porträt von Angela Merkel. Dabei stellt sich schon die Frage nach einem Bild von Olaf Scholz. Aus dem Büro Merkel gibt es nun Neuigkeiten.

Ob man nun beruflich oder im Rahmen einer Führung das Bundeskanzleramt in Berlin besucht: Die Ahnengalerie der bisherigen Bundeskanzler ist ein Highlight. Verleihen die Ölschinken doch als einzige dem modernen Sichtbetonbau so etwas wie Patina. In dem sehenswerten, aber alles andere als pompösen Regierungssitz unterstreichen die Bilder: In diesem Haus wird Geschichte gemacht. Doch ganze 16 Jahre Geschichte fehlen noch immer: Bundeskanzlerin a.D. Dr. Merkel - so ihr förmlicher Titel - ist nicht zu sehen. Die sieben Ölgemälde beginnen bei Konrad Adenauer und enden bei Gerhard Schröder. Bald schon steigt die Zahl der Vermissten auf zwei: Wenn Olaf Scholz demnächst auszieht, werden die Besucher vor einer reichlich unvollständigen Ahnengalerie stehen.

SPD-Kanzler Schröder hängt natürlich links vom Christdemokraten Kohl.

SPD-Kanzler Schröder hängt natürlich links vom Christdemokraten Kohl.

(Foto: picture alliance / Caro)


Immerhin kommt nun Bewegung in die Causa Kanzlerporträt: Angela Merkel will entscheiden, welche Künstlerin oder welcher Künstler sie für die Galerie verewigen darf. "Eine Entscheidung wird sie aller Voraussicht nach im laufenden Jahr treffen", teilt eine Sprecherin Merkels auf Anfrage von ntv mit. Allerdings habe die Entscheidung nichts mit Scholz' nahendem Auszug zu tun, stellt die Sprecherin klar. Merkel sei es wichtig gewesen, "diese sehr persönliche Entscheidung nach 16 Jahren Amtszeit nicht unmittelbar nach ihrem Ausscheiden aus dem Amt im Dezember 2021 zu treffen, sondern mit etwas zeitlichem Abstand".

Immer symbolträchtig

Der Wunsch nach zeitlichem Abstand erscheint auch ohne Kenntnis von Merkels Innenleben nachvollziehbar. Schließlich wusste sie selbst nicht, wie sie einst auf ihre Amtszeit blicken würde, und noch weniger, wie die Außenwelt auf sie schaut: Rund um ihr Amtsende entfaltete sich ein regelrechter Merkel-Hype, gefolgt von so nie da gewesener Kritik, als zahlreiche Stimmen Merkel in Mithaftung nahmen für Deutschlands Gasabhängigkeit von Russland und sogar für den russischen Überfall auf die Ukraine. Phase drei: Das Erscheinen von Merkels Autobiografie im vergangenen Jahr.

Seither ist die Diskussion über das Erbe Merkels wieder deutlich differenzierter, und sie selbst hält offenbar den Zeitpunkt für gekommen, einen Maler oder eine Malerin auszuwählen. Die Wahl ist symbolträchtig: Helmut Schmidt etwa ließ sich 1986, noch vor der Wiedervereinigung, vom ostdeutschen Maler Bernhard Heisig porträtieren - natürlich mit Zigarette, denn Schmidt war leidenschaftlicher Raucher. Vier Jahre nach seiner Amtszeit ließ sich Helmut Kohl farbenfroh von Albrecht Gehse festhalten - als Kanzler der Deutschen Einheit mit dem Brandenburger Tor im Hintergrund.

Damals noch in Bonn: Helmut Kohl, Helmut Schmidt und Ehefrau Loki stellen das Schmidt-Porträt vor.

Damals noch in Bonn: Helmut Kohl, Helmut Schmidt und Ehefrau Loki stellen das Schmidt-Porträt vor.

(Foto: picture alliance /)

2007 folgte das bisher letzte Porträt: Das einstige entfant terrible der Kunstszene, Jörg Immendorf, zeichnete Gerhard Schröder, der sich ebenfalls wenig um die Meinung anderer scherte. Mit der Wahl ihrer Maler erzählen die ehemaligen Regierungschefs zwangsläufig, wie sie sich selbst sehen oder gesehen werden wollen. Vor dieser Frage steht nun auch Olaf Scholz. Der kokettierte zwar bei einer Veranstaltung im vergangenen Jahr, er habe schon Namen im Kopf, wer ihn malen könnte. Doch nach Informationen von ntv wird da so bald nichts passieren. Auch Scholz dürfte sich Zeit zur Reflexion nehmen. Und: sieben Jahre nach Ende seiner Zeit als Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg fehlt in der Ahnengalerie des Rathauses immer noch Scholz.

Unwahrscheinlich also, dass sein Porträt im Kanzleramt noch vor dem seiner Vorgängerin aufgehängt wird. Das dürfte den Verantwortlichen Kopfzerbrechen ersparen. Diese müssen ohnehin überlegen, wie es mit der Ahnengalerie weitergeht: Für zwei große Porträts reicht der Platz nicht. Die bisherigen Bilder müssten also etwas enger zusammenrücken. Spätestens beim zehnten Bundeskanzler muss das ganze Thema Ahnengalerie noch einmal völlig neu betrachtet werden. Der dürfte voraussichtlich Friedrich Merz heißen. Und nach Stand der Dinge wird Merz in seiner Amtszeit ausgerechnet seine einstige Gegenspielerin Merkel im Kanzleramt begrüßen, um gemeinsam und vor den Augen der Öffentlichkeit das Kanzlerinnenporträt einzuweihen. Wie schon erwähnt: So ein Kanzlerporträt ist immer symbolträchtig.

Quelle: ntv.de

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