Personal der Bundeswehr MAD hat großen Rückstau bei Sicherheitschecks
23.07.2023, 15:23 Uhr Artikel anhören
Bei den Sicherheitsüberprüfungen gibt es drei Stufen, abhängig davon, welche Geheiminformationen der Mitarbeiter einsehen darf.
(Foto: Sina Schuldt/dpa/Symbolbild)
Militärisches und ziviles Personal der Bundeswehr wird vom Geheimdienst der Truppe, dem MAD, überprüft. Doch auf dessen Schreibtischen liegen noch fast 70.000 unerledigte Fälle - ein riesiger Rückstau. Die Union fordert Aufklärung.
Bei der Bundeswehr gibt es derzeit einen massiven Rückstau an unerledigten Sicherheitsüberprüfungen für das Personal.Im ersten Quartal 2023 lag die Zahl der offenen Verfahren beim Militärischen Abschirmdienst (MAD) bei 66.551, wie ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums der Deutschen Presse-Agentur in Berlin sagte. Bis zum 31. Mai stieg die Zahl auf 69.687, wie aus einer Antwort des Ministeriums auf eine Anfrage der Unionsfraktion hervorgeht, über die die "Bild am Sonntag" berichtete.
Grund für die hohe Zahlen seien "geänderte politische Rahmenbedingungen", sagte der Ministeriumssprecher unter anderem mit Verweis auf den 24. Februar 2022, den Beginn der russischen Invasion in die Ukraine. Sicherheitsüberprüfungen bei Neueinstellungen bei der Bundeswehr würden aber "sofort und unverzüglich" bearbeitet. Der Sprecher betonte, dass die hohe Anzahl keine Auswirkungen auf Neueinstellungen habe. Jede Sicherheitsüberprüfung sei ein Einzelfall - die Verfahrenslänge sei individuell. Im vergangenen Jahr schloss der MAD rund 52.300 Sicherheitsüberprüfungen ab, 2021 waren es rund 53.511, wie aus dem "MAD-Report" hervorgeht.
Solche Sicherheitsüberprüfungen sollen Aufschluss darüber geben, inwieweit ein Mitarbeiter ein Risiko darstellen könnte - etwa mit Blick auf extremistische Aktivitäten oder auf Spionagetätigkeiten. CDU-Verteidigungsexperte Ingo Gädechens zeigte sich entsetzt über den Stau beim MAD und sprach in der "Bild am Sonntag" von einem "Skandal".
"Fast 70.000 Menschen warten darauf, überprüft zu werden, um für den Dienst voll einsatzfähig zu sein - zahlenmäßig ist das fast die Hälfte der Soldatinnen und Soldaten", sagte Gädechens. "Gerade mit Blick auf Rechtsextremismus und russische Spionage ist das ein erhebliches Sicherheitsrisiko." Er erwarte von Verteidigungsminister Boris Pistorius von der SPD, "dass er dem Parlament umgehend nach der Sommerpause darlegt, wie er diese Sicherheitslücken schnellstmöglich schließen will", so Gädechens.
Überprüfung dauert bis zu 80 Wochen
Bei den Sicherheitsüberprüfungen gibt es drei Stufen, abhängig davon, welche Geheiminformationen der Mitarbeiter einsehen darf. Wie lange die Verfahren durchschnittlich dauern, wollte das Verteidigungsministerium in seiner Antwort an Gädechens nicht sagen. Nach Informationen von "Bild am Sonntag" aus Ministeriumskreisen sollen die Verfahren bei der strengsten Stufe Ü3 mehr als 80 Wochen dauern.
Eine Sicherheitslücke gibt es dem Ministerium zufolge beim Sichten der Internet-Profile der Bundeswehr-Mitarbeiter. Nach einem Rechtsextremismus-Skandal bei der Truppe hatte der Bundestag im Mai 2021 die Sicherheitsüberprüfungen im Soldatengesetz verschärft. Bei Dienstposten mit besonders hohen Sicherheitsanforderungen muss der MAD - der Geheimdienst der Bundeswehr - nun auch einsehbare Einträge des Mitarbeiters in sozialen Netzwerken durchleuchten.
Für welche Bundeswehr-Jobs diese zusätzliche Überprüfung Pflicht ist, muss das Ministerium laut dem Gesetz in einer Verordnung festlegen. Doch die hat das Verteidigungsministerium nach mehr als zwei Jahren immer noch nicht vorgelegt. "Eine Rechtsverordnung wird angestrebt. Dazu laufen noch interne Abstimmungen", räumte das Ministerium auf Anfrage der Zeitung ein. Verteidigungsexperte Gädechens kritisierte dies scharf: "Hier wird bei der Sicherheit des Landes geschludert - offenbar, weil der Arbeitsstau beim MAD zu groß ist." Vor Pistorius und dessen Parteikollegin Christine Lambrecht lag das Ministerium von 2005 bis 2021 in Händen der Union.
Quelle: ntv.de, mli/AFP