"Wird zehn Jahre dauern" Macron bezweifelt Netanjahus Kriegsziele
03.12.2023, 04:24 Uhr Artikel anhören
Israel müsse den gewünschten Endzustand im Gazastreifen genauer definieren, fordert Macron in Dubai.
(Foto: picture alliance/dpa/AP)
Mit dem Ende der Kampfpause zwischen Israel und der Hamas nimmt Frankreichs Präsident seine Rolle als selbst ernannter Kriegsberater wieder auf. Netanjahus Ziele im Gazastreifen seien unrealistisch, stattdessen müsse eine dauerhafte Waffenruhe her, sagt Macron.
Nach dem Auslaufen der Feuerpause im Gazastreifen hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron Israel vor einem langen Krieg gewarnt und den Schutz der palästinensischen Zivilbevölkerung angemahnt. Der Krieg gegen die radikalislamische Palästinenserorganisation Hamas sei "an einem Punkt angekommen, an dem die israelischen Behörden ihr Ziel und erwünschten Endzustand genauer definieren müssen", sagte Macron bei einer Pressekonferenz am Rande der UN-Klimakonferenz in Dubai.
Zu der Vorgabe von Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu, die Hamas vollständig zu zerstören, sagte Macron: "Was ist die vollständige Zerstörung der Hamas und glaubt irgendjemand, dass das möglich ist? Wenn ja, wird der Krieg zehn Jahre lang dauern." Der französische Präsident rief zu "verstärkten Bemühungen um eine dauerhafte Waffenruhe" auf. Macron reiste aus Dubai nach Doha weiter, um dort Katars Staatsoberhaupt Emir Tamim bin Hamad al-Thani zu treffen. Katar spielt eine führende Vermittlerrolle im Krieg zwischen Israel und der Hamas. Als Macron in der katarischen Hauptstadt eintraf, hatte Israel seinen Unterhändler von dort aber bereits zurückbeordert, weil die Gespräche über eine erneute Feuerpause im Gazastreifen sich in einer "Sackgasse" befänden.
Netanjahu hatte zuvor angekündigt, den Krieg gegen die radikalislamische Palästinenserorganisation Hamas im Gazastreifen solange fortzusetzen, "bis wir alle Ziele erreicht haben". Dazu gehörten die Freilassung aller israelischen Geiseln und die Auslöschung der Hamas, sagte Netanjahu. Die Fortsetzung der Bodenoffensive im Gazastreifen sei dafür "unabdingbar". "Unsere Soldaten haben sich in den Tagen des Waffenstillstands auf einen totalen Sieg gegen die Hamas vorbereitet", sagte Netanjahu bei seiner ersten Pressekonferenz seit dem Auslaufen der Kampfpause.
Pentagon zieht Vergleich zum Krieg gegen IS
Am Freitagmorgen war eine siebentägige Waffenruhe zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas ausgelaufen, die für die Freilassung von Geiseln der Hamas sowie für Hilfslieferungen für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen genutzt worden war. Die israelische Armee setzte daraufhin ihren Militäreinsatz gegen die Hamas fort, während die radikalislamische Palästinenserorganisation wieder Raketen auf Israel abfeuerte.
US-Verteidigungsminister Lloyd Austin rief Israel auf, für den Schutz der Zivilbevölkerung im Gazastreifen zu sorgen. Bei einem Verteidigungsforum in Kalifornien sagte er, er habe "ein oder zwei Dinge über die Kriegsführung in urbanen Gebieten gelernt", als er im Irak gekämpft und die US-Offensive gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) angeführt habe. "Wie die Hamas war der IS tief in urbane Gebiete eingebettet", sagte Austin. "Und das internationale Bündnis gegen den IS hat hart daran gearbeitet, selbst während der härtesten Kämpfe Zivilisten zu schützen und humanitäre Korridore einzurichten."
"Die Lehre ist nicht, dass man einen Krieg in urbanen Gebieten auch beim Schutz von Zivilisten gewinnen kann", bilanzierte der US-Verteidigungsminister. "Die Lehre ist, dass man einen Krieg in urbanen Gebieten nur durch den Schutz von Zivilisten gewinnen kann." Wenn Streitkräfte die Zivilbevölkerung "in die Arme des Feindes treiben", dann verwandelten sie "einen taktischen Sieg in eine strategische Niederlage", warnte Austin.
Quelle: ntv.de, mau/AFP