"Genozid an den Ukrainern" Mariupol fürchtet Belagerung wie Leningrad 1941
03.03.2022, 16:38 Uhr
Mariupol ist eine wichtige Hafenstadt im Süden der Ukraine. Russische Truppen haben sie offenbar umzingelt, Bürgermeister und Stadtrat fürchten schlimmste Kriegsverbrechen. Solche, wie sie die deutsche Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg in Leningrad begangen hat.
Der Bürgermeister der ukrainischen Hafenstadt Mariupol hat vor einer Belagerung "wie in Leningrad" durch russische Truppen gewarnt. "Sie versuchen, hier eine Blockade zu errichten, genau wie in Leningrad", erklärte Wadym Boitschenko. Russische Soldaten würden die Stadt belagern und versuchten, Mariupol von Strom, Lebensmitteln, Wasser, Heizwärme und Infrastruktur abzuschneiden.
"Diese Bastarde konnten keinen Weg finden, um uns zu brechen. Jetzt versuchen sie, uns daran zu hindern, die Strom-, Wasser- und Heizungsversorgung zu reparieren", sagte Boitschenko. "Sie haben die Züge zerstört, sodass wir unsere Frauen, Kinder und älteren Menschen nicht aus der Stadt bringen konnten", fügte er hinzu. Die von September 1941 bis Januar 1944 insgesamt 28 Monate währende "Blockade von Leningrad" durch die Nazis im Zweiten Weltkrieg hatte rund eine Million Opfer allein unter der Zivilbevölkerung der Stadt gefordert. Die meisten verhungerten, es ist eines der schwersten Kriegsverbrechen der deutschen Wehrmacht. Sie kesselte Leningrad ein, bombardierte bewusst zivile Infrastruktur und schnitt sie für fast 900 Tage von der Außenwelt ab.
Der Stadtrat wirft Russland aus eben diesen Gründen einen "Genozid an der ukrainischen Bevölkerung" vor. Russland halte die Hafenstadt unter kontinuierlichem Beschuss und beschädige seit sieben Tagen vorsätzlich die zivile Infrastruktur. Kaputte Brücken und Gleise machten Evakuierungen und Lieferungen von Versorgungsgütern unmöglich. Die Wasser- und Energieversorgung werde behindert, ebenso wie die Möglichkeit zu heizen. Der Stadtrat fordert die Einrichtung humanitärer Korridore.
Seit einer Woche sind die russischen Truppen an der Südfront der Ukraine auf dem Vormarsch. Am Mittwoch nahmen sie die 290.000 Einwohner zählende Schwarzmeerstadt Cherson nach dreitägiger Belagerung ein. Mariupol, eine wichtige Hafenstadt mit rund 400.000 Einwohnern östlich von Cherson am Asowschen Meer, ist derzeit bei eisigen Temperaturen ohne Wasser und Strom.
Quelle: ntv.de, tsi/AFP/rts