SPD-Chef im "ntv Frühstart" "Mich entsetzt eine solche Aussage"
05.06.2021, 05:54 Uhr
Norbert Walter-Borjans sagt, dass es schwer sei, Menschen im Osten für Politik zu begeistern. Der SPD-Chef widerspricht den Aussagen des Ostbeauftragten Marco Wanderwitz allerdings deutlich.
Der Co-Parteivorsitzende der SPD, Norbert Walter-Borjans, hat kurz vor der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt die Aussagen des Ostbeauftragten der Bundesregierung, Marco Wanderwitz, scharf kritisiert.
"Mich entsetzt eine solche Aussage, weil das praktisch ein Abschreiben eines Teils einer ganzen Generation ist", sagte Walter-Borjans im "Frühstart" von ntv. Der CDU-Politiker Wanderwitz hatte in einem Podcast der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" gesagt, dass ein "nicht unerheblicher Teil" der AfD-Wählerinnen und Wähler "für die Demokratie verloren" sei.
Walter-Borjans entgegnete, dass gerade jüngere Menschen unter 40 im Osten "nicht mehr diktatursozialisiert" sein könnten. Der SPD-Politiker gestand aber auch ein: "Richtig ist, und das habe ich auch im Wahlkampf in Sachsen-Anhalt mitbekommen, dass es schwer ist, Menschen für Politik zu begeistern." "Ich glaube, das ist schon ein Phänomen, das es im Osten Deutschlands gibt."
Menschen haben "Grundenttäuschung"
Die Nachwirkungen der Wende seien weiterhin für die Menschen im Osten zu spüren, sagte der SPD-Chef. Einige hätten sich "ein Stück von Blendern irritieren lassen, die ihnen ganz einfache Rezepte versprechen". "Es ist schwer, gegen holzschnittartige, einfache und oft auch hetzerische Parolen anzugehen, wenn Menschen eine gewisse Grundenttäuschung haben."
Mit Blick auf die starke AfD in Sachsen-Anhalt warnte Walter-Borjans davor, dass dies negative Auswirkungen auf die dortige Ansiedlung von Unternehmen haben könnte: "Das wird nicht einfacher, wenn der Eindruck entsteht, dass da Kräfte am Werk sind wie die AfD, die das Land abschotten wollen."
Benzinpreis soll nicht "noch weiter" steigen
Mit Blick auf die aktuelle Debatte über den Klimaschutz und die Pläne der Grünen, den Benzinpreis noch schneller erhöhen zu wollen, konnte Walter-Borjans, eine langfristige Erhöhung des Benzinpreises nicht ausschließen, sagte aber, dass dieser mit der SPD in einer künftigen Regierung zumindest nicht "noch weiter" steigen würde.
"Wir können keinen Beschluss fassen, den Benzinpreis festzuhalten. Da sind ja wohl noch ein paar andere dabei, unter anderem die Mineralölkonzerne, die auch ein Wort mitreden." Der SPD-Chef fügte hinzu: "Nur er wird nicht noch weiter steigen, als alle gemeinsam beschlossen haben, und es wird in dieser Größenordnung, wie es jetzt beschlossen ist, Ausgleichsmaßnahmen geben."
In dem Kontext kritisierte Walter-Borjans die Pläne der Grünen, denen es bei der Erhöhung des Benzinpreises "nicht schnell genug" gehe. "Was die Grünen hier vorschlagen, das ist eine Verschärfung des Tempos, ohne diesen Ausgleich zeitgleich umsetzen zu können." Dies bedeute am Ende, so der SPD-Chef: "Die Krankenschwester, die Pflegerin, die unterwegs ist, oder diejenigen, die einen weiteren Fahrweg haben, die zahlen einen drauf und haben gar keine andere Chance, etwas anderes zu nutzen, als ihr Auto."
Hier würde man Menschen, "schlicht und ergreifend bestrafen", die vom Auto abhängig seien "ohne dass die reagieren" könnten. "Das ist keine Lösung, auch nicht für das Klima", so Walter-Borjans.
Quelle: ntv.de, psa