Wer verbündet sich mit wem? Mögliche Regierungsszenarien in Italien
05.03.2018, 19:08 Uhr
Luigi Di Maios Fünf-Sterne-Bewegung ist der eindeutige Wahlsieger.
(Foto: picture alliance / Andrew Medich)
Eindeutiger Sieger der italienischen Parlamentswahl ist zwar Di Maios Fünf-Sterne-Bewegung. Eine absolute Mehrheit schafft die Partei aus eigener Kraft aber nicht - ebensowenig die anderen Parteien. Wie könnte also eine mögliche Regierungsbildung aussehen?
Bei der Wahl in Italien haben nach Auszählung fast aller Stimmen die populistischen und ultrarechten Parteien gewonnen. Eine absolute Mehrheit schaffen aber weder die Wahlsieger von der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung noch das starke Bündnis rechter Parteien um Ex-Regierungschef Silvio Berlusconi aus eigener Kraft. Die Suche nach Koalitionspartnern dürfte schwierig werden, die Regierungsbildung könnte sich daher lange hinziehen.
Rechtes Bündnis unter Führung der Rechtsextremen
Berlusconis Forza Italia (FI) schnitt mit 14 Prozent der Stimmen schlechter ab als erwartet - sie wurde klar überrundet von der rechtsextremen Lega mit 18 Prozent von Parteichef Matteo Salvini, der bereits das Recht der Regierungsbildung für sich beanspruchte.
Mit 37 Prozent der Stimmen fehlt dem rechten Bündnis aus FI, Lega, den neofaschistischen Fratelli d'Italia (FDI) und der Formation Wir in Italien (NCI) voraussichtlich die Mehrheit im Parlament. Ob Berlusconi Wort hält und seine FI bei der Regierungsbildung tatsächlich hinter Salvini in die zweite Reihe zurücktritt, ist eine weitere offene Frage.
Allianz aus Rechtsextremen und Populisten
Eine Regierungsallianz "gegen die etablierte Politik" zwischen Lega und Fünf-Sterne-Bewegung ist zumindest rechnerisch möglich. Vorhersagen zufolge kämen beide Parteien zusammen auf 355 von 630 Sitzen in der Abgeordnetenkammer und auf 168 von 315 Sitzen im Senat - angesichts der europakritischen Ausrichtung beider Parteien ein Horrorszenario für die EU.
Beide Parteichefs hatten allerdings vor der Wahl ein solches Bündnis ausgeschlossen. Salvini bekräftigte noch einmal, er sei seiner "Mitte-Rechts-Koalition" verpflichtet und wolle keine "Minestrone"-Regierung aus verschiedenen Zutaten.
Regierungsbildung mit Sozialdemokraten?
Eine weitere Möglichkeit für Fünf-Sterne-Chef Luigi Di Maio, der ebenfalls den Anspruch auf die Regierungsbildung erhob, wäre eine Koalition mit den bisher regierenden Sozialdemokraten (PD) und den kleinen Linksparteien.
2013 waren Verhandlungen zwischen PD und Fünf-Sterne-Bewegung noch gescheitert. Unter Di Maio ist die Protestpartei jedoch offener geworden und die PD hat mit ihrem Ergebnis von 19 Prozent keine besonders starke Verhandlungsposition. Am Vormittag sagte Di Maio, er wolle "mit allen politischen Akteuren" über eine Regierungsbildung sprechen.
Und die von der EU favorisierte "große Koalition" zwischen Berlusconis FI und PD, ähnlich der großen Koalition in Deutschland? Die Zahlen lassen ein solches Regierungsbündnis der pro-europäischen Kräfte kaum zu. Selbst zusammen mit kleinen Parteien würde es nicht für die notwendige Mehrheit von 316 Sitzen reichen.
PD strebt Opposition an
Ob eine Koalition mit den Sozialdemokraten zustande kommen könnte, blieb bisher jedoch unklar. Nachdem Renzi seinen Rücktritt als Parteivorsitzender ankündigte, betonte er, die PD werde in die Opposition gehen und sich keinem Regierungsbündnis anschließen.
Ohne eindeutige Mehrheit könnte Italiens Präsident Sergio Mattarella zunächst die amtierende Mitte-Links-Regierung von Ministerpräsident Paolo Gentiloni im Amt belassen. Das würde Zeit bringen, um eine Übergangsregierung zu bilden, die dann das Wahlrecht reformieren und Neuwahlen organisieren könnte. Das neue Parlament tritt erstmals am 23. März zusammen. Nach der letzten Wahl in Italien 2013 dauerte es mehr als zwei Monate, bis eine Regierung gebildet werden konnte.
Quelle: ntv.de, lri/AFP