Berlin fordert Kreml-Kooperation Moskau weist Bericht der OPCW zurück
12.04.2018, 17:53 Uhr
Die OPCW-Zentrale in Den Haag.
(Foto: dpa)
Die OPCW bestätigt Londons Vorwurf, Skripal sei mit dem in der Sowjetunion entwickelten Nowitschok vergiftet worden. Moskau weist den Bericht zurück, obwohl er nichts zum Urheber des Anschlags aussagt. Deutschland erwartet Antworten von Russland.
Russland hat die Ergebnisse der Chemiewaffenexperten zum Fall des vergifteten Ex-Agenten Sergej Skripal zurückgewiesen. Russland akzeptiere keinerlei Ermittlungsergebnisse, so lange Moskau keinen Zugang zu den Untersuchungen Großbritanniens und der Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OPCW) erhalte, sagte die Sprecherin des Außenministeriums, Maria Sacharowa.
Die OPCW hatte zuvor einen Bericht veröffentlicht, worin sie den Einsatz des Nervengiftes Nowitschok gegen Skripal und seine Tochter Julia bestätigt. Die Experten lieferten aber keine Hinweise auf die Täter oder Drahtzieher.
Großbritannien beschuldigt Russland, hinter dem Giftanschlag zu stecken. Moskau weist das zurück. In dem OPCW-Bericht gebe es keine Hinweise, wie, wo und unter welchen Umständen Proben genommen wurden, kritisierte Sacharowa. Dies werfe bei russischen Experten Fragen auf. Sie bekräftigte aber Russlands Bereitschaft zur Zusammenarbeit.
Zugleich forderte Sacharowa ein Lebenszeichen der Skripals. Seit über einem Monat habe niemand die von den britischen Behörden Abgeschirmten gesehen. Großbritannien solle beweisen, dass sie die beiden nicht als Geisel zurückhalte. Sacharowa zweifelte auch die Echtheit einer Erklärung Julia Skripals an, in der sie Hilfsangebote der russischen Botschaft in London ablehnte.
London will Sicherheitsratsitzung
Großbritannien beantragte eine Sitzung des UN-Sicherheitsrats zu dem Thema. Die Sitzung solle voraussichtlich in der kommenden Woche stattfinden, verlautete von der britischen Vertretung bei den Vereinten Nationen.
Die deutsche Bundesregierung forderte Moskau auf, endlich bei der Aufklärung des Giftanschlags mitzuarbeiten. "Russland ist nun aufgerufen, endlich eine konstruktive Rolle einzunehmen und die offenen Fragen zu beantworten", sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amts nach Veröffentlichung des OPCW-Berichts.
Der Sprecher begrüßte, dass London in dem Fall die OPCW eingeschaltet hatte und damit "für ein größtmögliches Maß an Transparenz" sorge. Großbritannien habe der Bundesregierung auf der Grundlage auch der chemischen Analyse des Giftes "detailliert dargelegt, weshalb die Verantwortung Russlands sehr wahrscheinlich ist und es keine plausible alternative Erklärung gibt."
Experte: Hinweis auf staatliches Labor
Der unabhängige Bericht der OPCW weist einem deutschen Chemiewaffenexperten zufolge auf ein staatliches Labor als Hersteller hin. Das könne aus dem in dem Report festgestellten hohen Reinheitsgrad des Kampfstoffes und aus den nur geringen Verunreinigungen geschlossen werden, sagte der Chemiker und Toxikologe Ralf Trapp der Nachrichtenagentur dpa.
Dem Bericht zufolge handelt es sich bei dem verwendeten Gift tatsächlich um den Kampfstoff Nowitschok. Dieses Nervengift wurde einst in der früheren Sowjetunion produziert. Die Zusammenfassung des OPCW-Reports geht aber nicht darauf ein, woher die nun bei dem Attentat genutzte Substanz stammen könnte.
"Es wurde Arbeit investiert in die Reinigung des Kampfstoffes", erläuterte Trapp den Report. Das sei typisch für Substanzen aus einem staatlichen Labor oder staatlichen Programm, sagte der Experte, der als Berater auch für die OPCW und die Vereinten Nationen tätig war. Zwar weist ein hoher Reinheitsgrad auf ein staatliches Labor hin, aber dieser könnte bei der Suche nach den Drahtziehern des Anschlags auch ein Nachteil sein: Denn Verunreinigungen können Experten helfen, die Ursprungsquelle des Nervengifts herauszufinden.
Quelle: ntv.de, shu/dpa/AFP/rts