"Ich bin verängstigt" Mutmaßliches Opfer belastet Kavanaugh
27.09.2018, 17:55 Uhr
Wenn es nach dem Willen von US-Präsident Trump geht, soll Brett Kavanaugh Richter am Supreme Court werden. Doch mehrere Frauen werfen ihm sexuelle Übergriffe vor. Eine von ihnen schildert nun vor einem Senatsausschuss ihre traumatischen Erlebnisse.
Die Psychologieprofessorin Christine Blasey Ford hat im US-Senat zur ihrer Anschuldigung der versuchten Vergewaltigung gegen den Richterkandidaten Brett Kavanaugh ausgesagt. Sie halte es für ihre "staatsbürgerliche Pflicht", über den sexuellen Angriff zu berichten, den Kavanaugh im Jahr 1982 auf sie verübt habe, sagte die 51-Jährige in Washington zu Beginn ihrer Anhörung durch den Justizausschuss.
Ford wehrte sich zudem gegen den Verdacht, ihre Anschuldigung gegen Kavanaugh könnte politisch motiviert sein. US-Präsident Donald Trump hatte die Vorwürfe gegen seinen Kandidaten für das Oberste Gericht als Kampagne der oppositionellen Demokraten angeprangert. "Ich bin eine unabhängige Person und ich bin niemandes Marionette", sagte Ford dazu. "Ich wollte hilfreich sein und Fakten darüber geben, wie Kavanaugh mein Leben beschädigt hat." Es liege nicht ihrer Verantwortung, darüber zu entscheiden, ob er das höchstrichterliche Amt verdiene: "Meine Verantwortung ist es, die Wahrheit zu sagen."
Der Vorsitzende des Justizausschusses, der Republikaner Chuck Grassley, entschuldigte sich zu Beginn der Sitzung bei Ford und Kavanaugh für das, was ihnen widerfahren sei, seit die Vorwürfe bekannt wurden. Grassley holte dann zu einer Kritik an den Demokraten aus. Er warf der stellvertretenden Ausschussvorsitzenden, der demokratischen Senatorin Dianne Feinstein, vor, der republikanischen Seite einen Brief von Ford mit den Vorwürfen vorenthalten zu haben. Feinstein entgegnete wenig später, sie habe den Brief vertraulich behandelt, bis Ford bereit gewesen sei, damit an die Öffentlichkeit zu gehen.

Christine Blasey Ford sagte aus, als Teenagerin von Brett Kavanaugh sexuell bedrängt worden zu sein.
(Foto: AP)
Nach ihrem Eingangsstatement wurde die Wissenschaftlerin Ford von einer auf Verfolgung sexueller Gewalttaten spezialisierten Staatsanwältin befragt. Danach folgen Aussage und Befragung Kavanaughs, der die Anschuldigungen bislang energisch zurückweist. Die hochbrisante Anhörung wurde von US-Sendern live übertragen.
Ford wirft Kavanaugh vor, er sei während einem Beisammensein von mindestens vier Jungen und zwei Mädchen in betrunkenem Zustand über sie hergefallen. Sie habe zu dem Zeitpunkt ein Bier getrunken gehabt. Kavanaugh und dessen Freund Mark Judge sollen mehr getrunken haben. Sie sei auf dem Weg zur Toilette in ein Schlafzimmer geschubst worden. Dort habe sich Kavanaugh auf sie gelegt und versucht, sexuelle Handlungen vorzunehmen. Sie hatte den Eindruck, er wolle sie vergewaltigen.
Ford erhält Morddrohungen
Judge habe neben dem Bett gestanden, so Ford. Die beiden hätten des Öfteren über die Situation gelacht. Dieses Lachen auf ihre Kosten werde sie nie vergessen, sagte Ford. Zuvor hätten die beiden Jungen die Musik in dem Zimmer lauter gedreht. Als sie nach Hilfe rief, habe Kavanaugh ihr den Mund zugehalten. Sie habe gefürchtet, dass er sie dabei versehentlich ersticken könnte. Schließlich sei es ihr gelungen, zu fliehen, weil Judge im Spaß aufs Bett gesprungen sei und alle herunterfielen. Sie rettete sich in ein Badezimmer und schloss die Tür. Auf die Frage eines Senatoren, wie sicher sie sei, dass wirklich Kavanaugh der Täter war, sagte Ford: "Zu einhundert Prozent."
Der Vorfall habe sich in ihr Gedächtnis "eingebrannt" und sie als Erwachsene immer wieder heimgesucht, sagte Ford mit gebrochener Stimme nun vor dem Senatsausschuss. Seit dem Ereignis leide sie mitunter an Klaustrophobie, Angst- und Panikzuständen sowie posttraumatischer Belastungsstörung. Sie sei angesichts der Morddrohungen und anderer verbaler Angriffe, die sie nach den öffentlichen Anschuldigungen gegen den Richter erhalten hat, stark verängstigt. Ihre Familie musste aus dem gemeinsamen Haus ausziehen.
Kavanaugh soll nach dem Willen von Trump den freien Posten am Obersten Gericht der USA übernehmen. Die Ernennung bedarf der Zustimmung des Senats. Durch die Vorwürfe Fords zieht sich die Nominierungsprozedur nun aber schon länger hin als geplant. Inzwischen meldeten sich zwei weitere Frauen mit Vorwürfen sexueller Übergriffe durch Kavanaugh zu Wort.
Der 53-jährige bisherige Bundesberufungsrichter bezeichnete in einem vorbereiten Statement für seine Ausschuss-Aussage die Anschuldigungen als "Last-Minute-Schmierkampagne". Er habe niemals in seinem Leben jemanden sexuell angegriffen.
Quelle: ntv.de, fzö/AFP/dpa