Nach Attacke auf die Krim Russland droht USA wegen Raketenangriff mit Konsequenzen
24.06.2024, 13:13 Uhr Artikel anhören
Russland erneuert nach einem mutmaßlich abgewehrten ukrainischen Angriff auf die Krim mit mehreren Toten und vielen Verletzten seine Drohgebärden. Dieses Mal sind sie konkret an die USA adressiert. In der Hafenstadt Sewastopol auf der Halbsinsel wird derweil der Ausnahmezustand verhängt.
Russland hat den USA mit Konsequenzen für einen ukrainischen Raketenangriff auf die annektierte Halbinsel Krim gedroht, bei dem mindestens vier Menschen getötet und mehr als 150 weitere verletzt worden sein sollen. Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow bezeichnete den Angriff als "absolut barbarisch" und erklärte, dies werde Folgen haben. "Welche genau - das wird die Zeit zeigen." Russland werde auf die US-Beteiligung an diesem Angriff reagieren. Peskow verwies auf die russische Drohung, Raketen in Schlagdistanz zu den USA und ihren europäischen Verbündeten zu stationieren.
Russischen Angaben zufolge hatte die Ukraine am Sonntag die Krim mit fünf von den USA gelieferten ATACMS-Raketen beschossen, die mit Streusprengköpfen bestückt gewesen seien. Vier Raketen seien von der Luftabwehr abgeschossen worden, die Munition einer fünften Rakete sei in der Luft detoniert.
Raketentrümmer seien in der Nähe eines Strandes niedergegangen und unter den Toten zwei Kinder, hieß es. Russland machte umgehend die USA mitverantwortlich, weil sie die Raketen geliefert hätten und US-Spezialisten die Flugkoordinaten auf Grundlage von Informationen von US-Spionagesatelliten festgelegt hätten.
Das russische Außenministerium bestellte US-Botschafterin Lynne Tracy ein. Dabei sei der Diplomatin mitgeteilt worden, dass die USA "gemeinsam mit dem Regime in Kiew die Verantwortung für dieses Gräuel" trage. "Die USA, die einen hybriden Krieg gegen Russland führen, sind Konfliktpartei geworden", erklärte das Ministerium am Montag. Der Angriff werde "nicht ungestraft bleiben".
Der Militärexperte Markus Reisner bezweifelt, dass es sich bei den Raketentrümmern, die über dem Krimstrand niedergingen, um eine gezielte ukrainische Attacke gehandelt hat. Die mit Streumunition bestückten ATACMS haben aus seiner Sicht eine weitreichende Zerstörungskraft. "Wenn es ein gezielter Angriff auf die russischen Strände gewesen wäre, dann würden wir eine viel verheerendere Wirkung sehen", sagt Reisner ntv.de. Demnach hätte man "im schlimmsten Fall Dutzende, wenn nicht sogar 100 Todesopfer gesehen, weil bei Streumunition die einzelnen Bomblets sehr dicht herunterkommen". Die Wahrscheinlichkeit, dass ein russischer Abschuss einer ATACMS Rakete die Trümmer verursacht habe, sei aus seiner Sicht wesentlich höher.
Ausnahmezustand in Sewastopol
Die Behörden der Hafenstadt Sewastopol auf der von Russland annektierten Krim verhängten derweil den Ausnahmezustand. "Ich verfüge ... auf dem Gebiet der Stadt Sewastopol bis auf weitere Verfügung den Ausnahmezustand zu erklären", heißt es in dem von Gouverneur Michail Raswosschajew herausgegebenen Dekret, das russische Nachrichtenagenturen veröffentlichten. Mit dem Ausnahmezustand können Verfassungsrechte der Bürger eingeschränkt werden, etwa die Bewegungsfreiheit.
Die meisten Opfer hatten sich an einem Stadtstrand von Sewastopol gesonnt, als Raketentrümmer heruntergingen und explodierten. Einen Luftalarm gab es nicht. Hatte das russische Militär zunächst den Abschuss der Rakete für sich in Anspruch genommen, widerrief es die Aussage später und erklärte, die ukrainischen Flugkörper seien zielgerichtet auf die Zivilisten abgeschossen worden.
Selbst in russischen Militärblogs wird diese Behauptung aber teils in Zweifel gezogen. In der Nähe gibt es mehrere militärische Objekte. Die Ukraine hat in den letzten Wochen verstärkt russische Systeme der Flugabwehr auf der Krim ins Visier genommen. Bei dem jüngsten Angriff soll ein Weltraum-Kommunikationszentrum getroffen worden sein.
Quelle: ntv.de, rog/dpa/rts