Ziele im Jemen attackiert Iran warnt Israel nach Vergeltungsschlag vor Krieg
21.07.2024, 07:26 Uhr Artikel anhören
Nach der Drohnenattacke der Huthi auf Tel Aviv greift Israel militärische Ziele der Miliz im Jemen an. Diese erklärt, sie bereite sich auf einen langen Krieg gegen Israel vor. Auch der verbündete Iran droht mit einer militärischen Auseinandersetzung. UN-Generalsekretär Guterres zeigt sich tief besorgt.
Nach dem israelischen Luftangriff im Jemen in Reaktion auf eine tödliche Drohnenattacke der proiranischen Huthi auf Tel Aviv wächst die Sorge vor einem Flächenbrand. Der Iran und Israel sprachen gegenseitig Warnungen aus. Israels "gefährliches Abenteurertum" könne einen regionalen Krieg auslösen, sagte der Sprecher des iranischen Außenministeriums, Nasser Kanaani, laut der staatlichen Nachrichtenagentur IRNA.
Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu sprach vom Abwehrkampf gegen Irans "Terrorachse". "Jetzt ist es an der Zeit, dass die internationale Gemeinschaft die Sanktionen gegen den Iran maximiert", forderte der israelische Außenminister Israel Katz auf der Plattform X. Der Iran unterstütze, trainiere und finanziere die Huthi als "Teil seines regionalen Netzwerks von Terrororganisationen, die Israel angreifen wollen". Der Sprecher des iranischen Außenministeriums warnte, Israel und seine Unterstützer wie die USA würden für "unvorhersehbare und gefährliche Folgen" des Gaza-Kriegs und Angriffe auf den Jemen "direkt verantwortlich sein".
Am frühen Morgen fing Israels Raketenabwehr nach Militärangaben eine Boden-Boden-Rakete ab, die sich vom Jemen aus Israel genähert habe. Zuvor sei im Raum der südisraelischen Hafenstadt Eilat Raketenalarm ausgelöst worden, hieß es. Das Geschoss sei jedoch nicht in israelisches Gebiet eingedrungen. Berichte über Opfer gab es nicht.
Netanjahu: Wir erreichen Feinde überall
UN-Generalsekretär António Guterres zeigte sich "zutiefst besorgt über die Gefahr einer weiteren Eskalation in der Region". Er rief "zur äußersten Zurückhaltung" auf. Israels Militär hatte zuvor nach eigenen Angaben militärische Ziele der Huthi im Hafen von Hudaida angegriffen. Wie der Huthi-nahe Fernsehsender Al-Masirah in der Nacht unter Berufung auf die Gesundheitsbehörde berichtete, gab es dabei mindestens drei Tote und 87 Verletzte. Auf Bildern waren gewaltige Brände zu sehen. Huthi-Sprecher hatten einen israelischen Angriff gegen "zivile Einrichtungen" im Jemen bestätigt. Ziele seien Öl- und Stromanlagen gewesen.
Netanjahu sagte, "von Beginn des Krieges an habe ich deutlich gemacht, dass Israel gegen alle vorgehen wird, die uns angreifen". Am Freitag waren beim Einschlag einer aus dem Jemen kommenden Kampfdrohne im Zentrum von Tel Aviv ein Mann getötet und mindestens acht weitere Menschen verletzt worden.
Der Gegenschlag im Jemen "macht unseren Feinden klar, dass es keinen Ort gibt, den der lange Arm Israels nicht erreichen wird", sagte Netanjahu. Die israelische Armee erklärte, es sei die Antwort "auf Hunderte Attacken der letzten Monate auf Israel" gewesen. Über den Hafen von Hudaida seien Waffen aus dem Iran in das Land gelangt, sagte Netanjahu. Wie die Hamas im Gazastreifen und die Hisbollah-Miliz im Libanon sei die Huthi-Miliz im Jemen ein integraler Bestandteil der iranischen "Achse des Bösen".
USA bekräftigen "eisernes Bekenntnis" zur Sicherheit Israels
Seit Beginn des Gaza-Kriegs nach dem Terrorüberfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober hat sich der jahrzehntealte Konflikt zwischen Israel und dem Iran dramatisch zugespitzt. Israel sieht sich nach Angriffen von Gruppen, die mit dem Iran verbündet sind, an gleich mehreren Fronten unter Beschuss. Seit der iranischen Revolution von 1979 gelten Israel und die USA als Erzfeinde des Landes. Netanjahu nannte den Iran in der Vergangenheit ebenfalls den "wichtigsten Feind".
US-Verteidigungsminister Lloyd Austin sprach derweil mit seinem israelischen Kollegen Joav Galant über Israels Antwort auf den Drohnenangriff der Huthi in Tel Aviv, wie ein Sprecher des Pentagon in der Nacht mitteilte. Israels Schlag sei auf monatelange Angriffe der Huthi gegen den Staat Israel hin erfolgt. Austin bekräftigte "das eiserne Bekenntnis der Vereinigten Staaten zur Sicherheit Israels und zum Recht Israels auf Selbstverteidigung".
Der Militärsprecher der Huthi im Jemen, Jahja Sari, sagte unterdessen, man bereite sich auf einen "langen Krieg" mit Israel vor. Die Gruppe greift seit Monaten Handelsschiffe in der Region an, die angeblich Bezug zu Israel haben. Sie handelt nach eigener Darstellung aus Solidarität mit den Palästinensern im Gaza-Krieg. Sie hatte auch Ziele in Israel attackiert. Die meisten Geschosse wurden abgewehrt. Der Iran finanziere, bewaffne und lenke die terroristischen Aktivitäten der Huthi, sagte der israelische Armeesprecher Daniel Hagari.
Hilfsgüter für Jemen über angegriffenen Hafen
Die von den Huthis auf Tel Aviv gerichtete Langstreckendrohne war am Freitag mit Sprengstoff beladen in ein Wohnhaus im Zentrum der israelischen Küstenmetropole eingeschlagen. Galant kündigte daraufhin Vergeltung an. Die Luftwaffe habe beim Gegenschlag auf den jemenitischen Hafen von Hudaida Ziele angegriffen, die auch für terroristische Aktivitäten genutzt würden, darunter Energieinfrastruktur, sagte Hagari. Israel habe den Luftangriff alleine durchgeführt und Verbündete wie die USA nicht daran beteiligt.
Im Jemen tobt seit Jahren ein Bürgerkrieg. Zudem herrscht eine schwere humanitäre Krise, in der etwa 80 Prozent der Bevölkerung auf irgendeine Form von Hilfe angewiesen sind. Über den strategisch wichtigen Hafen von Hudaida am Roten Meer kommen nach UN-Angaben etwa 70 Prozent aller Importe und 80 Prozent aller humanitären Hilfsgüter in das Land.
Quelle: ntv.de, chl/dpa