Politik

Harter Schlussstrich Nahles zieht sich komplett aus Politik zurück

Nach den katastrophalen Wahlergebnissen in Europa und Bremen zieht SPD-Chefin Andrea Nahles die Reißleine: Sie kündigt ihren Rücktritt als Partei- und Fraktionschefin an. Auch ihr Bundestagsmandat werde Nahles niederlegen, bestätigt eine Fraktionssprecherin.

Die bisherige SPD-Partei- und Fraktionschefin Andrea Nahles übernimmt die Verantwortung für das schlechte Abschneiden der SPD bei den Europawahlen und den Bürgerschaftswahlen in Bremen. In einer Erklärung kündigt sie ihren Rücktritt aus beiden Ämtern an. Sie wolle damit die Möglichkeit eröffnen, dass in beiden Funktionen die Nachfolge geordnet geregelt werden könne, teilte Nahles mit. Eine Fraktionssprecherin bestätigte inzwischen Medienberichte, wonach Nahles auch ihr Bundestagsmandat niederlegen werde. Ein Zeitpunkt stehe aber noch nicht fest.

Aus SPD-Partei- und Fraktionskreisen hieß es, die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer sei als Übergangsparteichefin im Gespräch. Eine dauerhafte Übernahme des Parteivorsitzes hatte Dreyer in der Vergangenheit auch aus gesundheitlichen Gründen ausgeschlossen. Die Geschäfte des Fraktionsvorsitzenden solle der dienstälteste Fraktionsvize Rolf Mützenich übernehmen, sofern am Dienstag in der Fraktionssitzung keine Neuwahl stattfinde.

"Die Diskussion in der Fraktion und die vielen Rückmeldungen aus der Partei haben mir gezeigt, dass der zur Ausübung meiner Ämter notwendige Rückhalt nicht mehr da ist", so Nahles in ihrer schriftlichen Erklärung. Am Montag werde sie daher im Parteivorstand ihren Rücktritt als SPD-Chefin und am Dienstag in der Fraktion ihren Rücktritt als Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion erklären. Ihre Partei rief sie dazu auf, beieinander zu bleiben und besonnen zu handeln.

Nahles war vor der Vorstandsklausur ihrer Partei unter Druck geraten, die am Montag vor allem über die "Strategiefähigkeit der Partei" beraten will. Daraufhin hatte sie angekündigt, in der Fraktion mit einer vorgezogenen Vorsitzenden-Neuwahl die Machtfrage zu stellen. Bei einer Sonderfraktionssitzung am Mittwoch war deutlich geworden, dass sie für diesen Schritt wenig Rückhalt hatte.

Auf historischem Tief

Im jüngsten RTL/n-tv-Trendbarometer kam die SPD nur noch auf 12 Prozent. Das ist der niedrigste jemals auf Bundesebene gemessene Wert. Bei der Europawahl hatte die SPD mit 15,8 Prozent das bisher schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte eingefahren. An die Mitglieder schrieb Nahles, sie habe den Vorsitz von Partei und Fraktion in schwierigen Zeiten übernommen. Im April 2018 war Nahles Parteichefin geworden, die Fraktion führt sie seit September 2017.

"Wir haben uns gemeinsam entschieden, als Teil der Bundesregierung Verantwortung für unser Land zu tragen", so Nahles mit Blick auf die Entscheidung, ein weiteres Mal eine Große Koalition einzugehen. Die drei Parteien regieren jetzt seit 2013 miteinander. Zuvor gab es zwischen 1966 und 1969 sowie 2005 und 2009 sogenannte Große Koalitionen.

"Gleichzeitig arbeiten wir daran, die Partei wieder aufzurichten und die Bürgerinnen und Bürger mit neuen Inhalten zu überzeugen", so Nahles weiter. Beides zu schaffen, sei eine große Herausforderung. "Um sie zu meistern, ist volle gegenseitige Unterstützung gefragt", so Nahles. Ob ich die nötige Unterstützung habe, sei in den letzten Wochen wiederholt öffentlich in Zweifel gezogen worden. "Deshalb wollte ich Klarheit. Diese Klarheit habe ich in dieser Woche bekommen."

Quelle: ntv.de, sba/AFP/rts/dpa

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