Politik

Nach Streit um Asylpolitik Niederländischer Regierungschef Rutte tritt zurück

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Rutte ist seit knapp 13 Jahren Regierungschef in den Niederlanden.

Rutte ist seit knapp 13 Jahren Regierungschef in den Niederlanden.

(Foto: picture alliance / ANP)

Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte zieht aus dem Streit um die Asylpolitik Konsequenzen. Nachdem sich die Regierungsparteien nicht auf eine strengere Einwanderungspolitik verständigen konnten, fällt die Vier-Parteien-Koalition auseinander. Neuwahlen könnten aber erst im November stattfinden.

Nach dem Bruch der niederländischen Regierung im Streit um die Migrationspolitik wird Ministerpräsident Mark Rutte am heutigen Samstag von König Willem-Alexander erwartet. Das Staatsoberhaupt unterbricht seinen Urlaub und kehrt in die Niederlande zurück, damit der Ministerpräsident ihm in Schloss Huis ten Bosch bei Den Haag die Lage erläutern kann. Am Freitagabend hatte Rutte dem König schriftlich den Rücktritt des Kabinetts angeboten. Der niederländischen Wahlbehörde zufolge können nun frühestens Mitte November Neuwahlen stattfinden.

Die Positionen zum Thema Migration in der Vier-Parteien-Koalition seien "unversöhnlich", sagte Rutte vor Journalisten am Freitagabend. Medienberichten zufolge hatte die Mitte-Rechts-Partei VVD des langjährigen Regierungschefs strenge Regeln für Asylbewerber vorgeschlagen und gedroht, das Kabinett zu verlassen, wenn diese Maßnahmen nicht verabschiedet würden. Rutte hatte gefordert, die Familienzusammenführung von Flüchtlingen zu erschweren.

Die christdemokratische Partei Christen Unie hatte erklärt, sie könne "mit Ruttes Vorschlag nicht leben", auch die Mitte-Links-Partei D66 von Finanzministerin Sigrid Kaag lehnte die Forderung Berichten zufolge nach dreitägigen Krisengesprächen ab.

Die niederländische Regierung stritt seit ihrem Amtsantritt vor anderthalb Jahren über das Thema. Im vergangenen Jahr kam es zu einem Skandal, als in einem überfüllten Asylzentrum ein Baby starb und hunderte Menschen im Freien schlafen mussten.

Migrationspolitik nicht einziger Knackpunkt

Inmitten einer großen Vertrauenskrise in der niederländischen Politik wird der Asylstreit aber auch als ein vorgeschobener Grund für das Auseinanderbrechen der Regierung gesehen. Bei vielen wichtigen Themen, die den Menschen in den Niederlanden unter den Nägeln brennen, werden von der Vier-Parteien-Regierung kaum Entscheidungen getroffen, alles stockt.

Dieser Stillstand dürfte sich bis zu einer Neuwahl kaum auflösen - die Befürchtung wurde am Freitagabend bereits laut. Neben der Migrationspolitik sorgen sich die Menschen in den Niederlanden auch um die Wohnungsnot, die Energiewende sowie die Klimapolitik. Einer der großen Konflikte ist die Zukunft der Landwirtschaft angesichts angekündigter Umweltauflagen.

Dass das Zerbrechen der Koalition die Sacharbeit der weiter amtierenden Regierung bremsen wird, zeigt sich bereits am kommenden Montag: Statt wie geplant einen Arbeitsbesuch in der von Folgen der Erdgasförderung betroffenen Region Groningen zu absolvieren, wird Rutte außerplanmäßig dem Parlament zur Krise Rede und Antwort stehen. Wirtschaftsverbände pochen bereits darauf, dass wichtige Entscheidungen mit Blick auf den Arbeitsmarkt und die Kaufkraft der Bevölkerung nicht aufgeschoben werden können.

Ruttes vorherige Regierung war 2021 nach einer Affäre um Kindergeldzuschläge zurückgetreten. Der 56-Jährige war seit 2010 Regierungschef und damit der am längsten amtierende Ministerpräsident der Niederlande. Nach zahlreichen Krisen waren die Umfragewerte seiner derzeitigen Koalition stark gesunken.

Bei der jüngsten Provinzialwahl im März, bei der auch die Erste Kammer des Parlaments - vergleichbar dem Bundesrat - gewählt wurde, hatten alle Regierungsparteien deutliche Verluste verbucht. Großer Wahlsieger wurde die rechtspopulistische Bauerbürgerbewegung BBB, die auf Anhieb stärkste Kraft wurde. In der Zweiten Kammer ist die BBB nur mit einer Abgeordneten vertreten. Bei einer Neuwahl wird der Partei großer Erfolg vorhergesagt.

Quelle: ntv.de, vmi/dpa/AFP

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