Politik

Anschlagspläne oder nur Gerede? "Oldschool Society"-Prozess geht zu Ende

Brüche in Privat- und Berufsleben, Alkoholprobleme, Gefängnisaufenthalte, keinen Kontakt zu den eigenen Kindern - diese Merkmale verbindet die Mitglieder der "Oldschool Society".

Brüche in Privat- und Berufsleben, Alkoholprobleme, Gefängnisaufenthalte, keinen Kontakt zu den eigenen Kindern - diese Merkmale verbindet die Mitglieder der "Oldschool Society".

(Foto: dpa)

Gegen vier Mitglieder der rechtsextremen "Oldschool Society" wird heute wegen mutmaßlicher Anschlagspläne auf Asylbewerber ein Urteil gesprochen. Die Angeklagten geben sich kleinlaut, man habe aber lediglich "Unsinn geredet".

Nur Gerede - oder brandgefährliche Anschlagspläne? Freispruch oder viele Jahre hinter Gitter? Im Prozess gegen vier mutmaßliche Rechtsterroristen der Gruppe "Oldschool Society" (OSS) will das Oberlandesgericht München voraussichtlich heute sein Urteil sprechen. Fast ein Jahr hat der Staatsschutzsenat verhandelt. Die Bundesanwaltschaft hält die vier Angeklagten für gefährlich und will langjährige Haftstrafen zwischen viereinhalb und sieben Jahren. Die Anwälte verweisen hingegen darauf, ihre Mandanten hätten ihre in sozialen Netzwerken, Chats und Telefonaten ausgetauschten Gewaltfantasien gegen Flüchtlinge nie in Taten umgesetzt.

Die Äußerungen seien "alles andere als akzeptabel" und teils auch menschenverachtend gewesen, sagte einer der Anwälte, Hans-Dieter Stoffer. Bei der Gruppe, die sogar Fotos von sich ins Netz gestellt habe, handele es sich aber nicht um eine terroristische Vereinigung. Die Angeklagten seien viel zu unkoordiniert und planlos gewesen, um einen Anschlag zu verüben, hieß es mehrfach von Seiten der Verteidiger, die durchweg Freispruch forderten.

Der Anführer, "Präsident" Andreas H. (58), lebte in Augsburg, "Vize" Markus W. (41) und seine Freundin Denise G. (24) in Sachsen. "Pressesprecher" Olaf G. in Bochum. Was sie neben der rechten Gesinnung eint, sind Brüche in Privat- und Berufsleben, teils Alkohol, teils Gefängnis, Kinder, zu denen es keinen Kontakt gibt. Was die Flüchtlinge betreffe, habe man viel "Unsinn" geredet, räumte "Präsident" H. ein, aber an Mord und Totschlag habe er nie gedacht.

"Oldschool Society" äußerte Gewaltfantasien

"Vier gescheiterte Persönlichkeiten, die nach Anerkennung suchten", charakterisierte sie Rechtsanwalt Marc Duchon. Sie seien schon vom Verfassungsschutz als "dumpf" bezeichnet worden. "Spießbürger der Unterschicht, die aus ihrer politischen Einstellung keinen Hehl machen", nannte er sie.

Anders als beim NSU, über dessen Morde seit vier Jahren im selben Gerichtsgebäude verhandelt wird, oder bei der Gruppe Freital, deren Mitglieder sich in Dresden verantworten müssen, kam es bei der "OSS" nie zu einer Tat. Die Ermittler hatten die Führungsriege frühzeitig festgenommen. So stützt sich die Anklage großenteils auf verbale Aussagen: Dachpappenstifte mit Sekundenkleber auf Feuerwerkskörper geklebt, "so ein Ding im Asylcenter, im Asylheim so, weißt du, Fenster eingeschmissen und dann das Ding hinterhergejagt", soll Markus W. zu Andreas H. gesagt haben, der antwortete: "Tät mir schon gefallen, wär schon so nach meinem Geschmack." Das Gespräch wurde von den Ermittlern aufgefangen.

Was ihre kriminelle Energie betreffe, stünden die Mitglieder der OSS zwar nicht mit der RAF oder dem NSU auf einer Stufe. "Das ändert aber nichts an ihrer Einordnung als terroristische Vereinigung", sagte Oberstaatsanwalt Jörn Hauschild im Februar in seinem Plädoyer.

Gruppe besorgte Waffen

Die Gruppe hatte sich 2014 über Facebook und Messaging-Dienste zusammengefunden. Im November 2014 trafen sich die OSS-Leute jedoch persönlich. In der Kleingartenanlage "Sommerfreude" im sächsischen Frohburg wurde über einen bewaffneten Kampf gegen Salafisten und ein gewaltsames Vorgehen gegen Asylbeweber geredet - und gefragt, "wer bereit wäre, auch in den Knast zu gehen für irgendwelche Taten". Das Treffen endete alkoholbedingt im Chaos.

Vor einem zweiten Treffen vom 8. bis 10. Mai 2015 im sächsischen Borna rief Olaf O. deshalb auf, bei "einer eventuell stattfindenden Aktion" nüchtern zu sein. Hier sieht die Bundesanwaltschaft Pläne für Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte. Vor dem Treffen besorgten Markus W. und seine Freundin in Tschechien illegale Feuerwerkskörper - laut Staatsanwaltschaft hochgefährlicher Sprengstoff.

Zwei Tage vor dem geplanten Treffen wurden die vier bei einer bundesweiten Razzia festgenommen. Gefunden wurden Gas- und Schreckschusswaffen, Schlagringe, Schwerter und die Feuerwerkskörper aus Tschechien. Den Vorwurf, dass die Gruppe tatsächlich einen Anschlag auf ein Flüchtlingsheim im Visier hatte, nahm die Anklagebehörde zwar zurück. Aber sie hätten Sprengstoff besorgt, Pläne geschmiedet und einkalkuliert, dass unter dem Gruppendruck auch andere Teilnehmer des Treffens mitmachen würden, argumentierte Oberstaatsanwalt Hauschild. Ermittler gehen davon aus, dass 15 bis 20 Personen zur OSS zählten. Gegen einige wird noch ermittelt. Ob es zu weiteren Anklagen kommt, ist offen.

Quelle: ntv.de, Sabine Dobel und Cordula Dieckmann, dpa

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