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Israel und Ukraine bei Illner "Polarisierung zwischen Westen und Rest verstärkt sich"

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"Israel kämpft nicht gegen eine Armee, nicht gegen ein Land, sondern gegen eine Terrororganisation. Das macht die Sache wahrscheinlich noch viel schwieriger", sagt Sicherheitsexperte Wolfgang Ischinger.

"Israel kämpft nicht gegen eine Armee, nicht gegen ein Land, sondern gegen eine Terrororganisation. Das macht die Sache wahrscheinlich noch viel schwieriger", sagt Sicherheitsexperte Wolfgang Ischinger.

(Foto: picture alliance/dpa)

Zwei bedeutende Kriege toben auf der Welt. Beide sind eine Bedrohung - für die Menschen vor Ort, aber auch für die westlichen Werte. Darüber spricht Talkmasterin Maybrit Illner mit ihren Gästen.

Die Welt steht vor einem Wandel, warnen Wissenschaftler und Politiker. Zwei Kriege bedrohen die Werte, auf die sich vor allem die westliche Welt nach dem Zweiten Weltkrieg geeinigt hat: Frieden, Völkerverständigung, Demokratie. Doch seit dem Krieg in der Ukraine sind die Vereinten Nationen zerstritten, und der Krieg der Terrororganisation Hamas gegen Israel spaltet die Europäische Union, die nicht mehr mit einer Stimme spricht. Auch deshalb braucht es ein Ende der Kriege - eines der Themen in der ZDF-Talkshow Maybrit Illner.

Es sei richtig, dass der russische Präsident Wladimir Putin und die Terrororganisation Hamas ein gemeinsames Ziel hätten: den Westen auf zwei Schlachtfeldern scheitern zu sehen, fürchtet der ehemalige Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger. Doch die Kriege im Nahen Osten und in der Ukraine unterscheiden sich laut Ischinger in vielen Dingen: "In der Ukraine kämpft ein Land, das sich selbst verteidigt, gegen die Armee einer Nuklearmacht. Das ist klassischer Krieg, da gibt es Soldaten in Uniform auf beiden Seiten. Israel wurde von einer Bande angegriffen, die nicht Uniform trägt. Israel kämpft nicht gegen eine Armee, nicht gegen ein Land, sondern gegen eine Terrororganisation. Das macht die Sache wahrscheinlich noch viel schwieriger."

Ein weiterer Unterschied zwischen den beiden Kriegen laut Ischinger: Bei der russischen Annexion der Krim und dem Angriff auf die Ukraine im vergangenen Jahr seien die Menschen nicht weltweit auf die Straße gegangen, um gegen die Verletzung der ukrainischen Souveränität zu protestieren. Im Gegensatz dazu gebe es auf der ganzen Welt aktuell Demonstrationen gegen die israelische Besetzung des Gazastreifens. Die Polarisierung zwischen dem Westen und dem Rest der Welt werde sich durch den Nahostkrieg weiter verstärken, fürchtet der ehemalige Diplomat.

Kuleba: Unterstützung für Ukraine lässt nicht nach

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba berichtet, er habe noch nicht den Eindruck, dass wegen des Krieges im Nahen Osten die Unterstützung des Westens für die Ukraine nachlasse. Dem Politiker ist klar, dass sich durch den Nahostkrieg einiges verändern könne, denn dieser Krieg werde immer mehr Ressourcen in Anspruch nehmen, je länger er dauere. Trotzdem hätten die Politiker in den wichtigsten Hauptstädten ein klares Verständnis für das, was für die Ukraine auf dem Spiel steht.

Der deutsch-französische Politiker und Publizist Daniel Cohn-Bendit, der zu den Gründern der Grünen in Deutschland gehörte, betont: "Ich bin heute nicht neutral." Cohn-Bendit ist Jude, und er sagt: "Ich hätte niemals geglaubt, dass Juden auf dieser Welt nochmal ein Pogrom durchleben müssen." Im Laufe der Sendung wird er sich mit Amira Mohammed Ali darüber streiten, ob und wie ein Frieden im Gazastreifen herbeigeführt werden könnte. Mohammed Ali war Linken-Fraktionschefin und gehört jetzt dem Verein Liste Sahra Wagenknecht an.

Sie setzt sich für ein politisches Ende des Krieges durch eine Zwei-Staaten-Lösung und für ein Ende der Kampfhandlungen ein, während Cohn-Bendit zunächst die militärische und politische Zerschlagung der Terrororganisation Hamas erreichen will. Dann erst sei es sinnvoll, über einen eigenen Palästinenserstaat zu reden. Zudem spricht er sich für eine Waffenruhe aus, um die dramatische humanitäre Lage im Gazastreifen zu entspannen.

Ischinger hält politische Lösung für möglich

Ischinger setzt sich für einen Mittelweg ein. Er fordert die Entwicklung eines politischen Konzepts für Israelis und Palästinenser, dessen Ziel sein müsse, "der Hamas die Möglichkeit zu nehmen, noch einmal einen solchen grausamen Angriff auf die Israelis zu starten. Und ich bin sehr erfreut und überrascht darüber, dass der amerikanische Außenminister darüber nachgedacht hat, wie das aussehen könnte." Gleichzeitig fordert Ischinger, die Ukraine weiter zu unterstützen. In beiden Konflikten hält er eine politische Lösung für möglich, "aber auf der Basis der Schaffung der notwendigen militärischen Voraussetzungen".

Dabei hat er auch den ukrainischen Außenminister auf seiner Seite. Die Ukrainer werden weiter kämpfen, sagt Kuleba. Er sei überzeugt davon, dass die Bundesregierung sein Land weiter unterstützen werde, auch mit den bisher versagten Taurus-Raketen. Die Ukraine werde diese Waffen nur gegen den Aggressor auf eigenem Boden einsetzen. Das sei eine Frage des Vertrauens. Und: "Wir werden siegen, denn wir kämpfen einen gerechten Krieg, und wir kämpfen für unser eigenes Land. Und wir können es uns nicht erlauben, pessimistisch zu sein."

Quelle: ntv.de

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